MieterEcho
Nr. 290 - Mai 2002

Zweite Erwiderung zum Beitrag "Wohngeld - Wer ist dazu berechtigt und wie bekommt man es?"

 

 

Faustformel zu einfach

Georg Classen

Liebe KollegInnen,

ich danke für den Abdruck meiner Zuschrift.

Als Ergänzung möchte ich zur Ermittlung des zulässigen Höchsteinkommens für den Wohngeldanspruch an Stelle der im vorigen MieterEcho erneut genannten, sich am Sozialhilfebedarf orientierenden "Faustformel" auf die folgenden Berechnungsgrundlagen verweisen, zumal der Normalbürger meist auch die Sozialhilfebedarfsberechnung nicht kennt.

In den kostenlosen Wohngeldbroschüren der Bundesregierung waren bis zum vergangenen Jahr alle für die Wohngeldberechnung maßgeblichen Angaben abgedruckt und erläutert:

  1. Ermittlung des maßgeblichen Einkommens (Brutto minus pauschale Abzüge),
  2. Ermittlung der maßgeblichen Miete unter Beachtung der Mietstufe und der Mietobergrenzen,
  3. Ermittlung des Wohngeldbetrages anhand der in der Broschüre abgedruckten Tabellen nach Familiengröße, maßgeblichen Einkommen und maßgeblicher Miete.

Ein Berater kann so den Wohngeldanspruch in 5 Minuten ermitteln, ein ungeübter Mieter braucht allerdings eine halbe Stunde.

Ärgerlicherweise wurden in der mir vorliegenden Wohngeldbroschüre 2002 die Tabellen eingespart, so dass nunmehr eine Textausgabe des Wohngeldgesetzes nötig ist. Dafür reicht der beck-dtv Band 5013 'Mietgesetze' (7,50 Euro).

Eine weitere Möglichkeit zur Prüfung des Wohngeldanspruchs ist der "Wohngeldrechner" auf der Homepage des Bausenators.

Der im MieterEcho angeführte Ablehnungsbescheid des Wohngeldamtes Zehlendorf-Steglitz bezieht sich hingegen gerade nicht auf das zulässige Höchsteinkommen, sondern auf das genaue Gegenteil: ein für den Wohngeldanspruch ZU GERINGES EINKOMMEN! Wer auch mit Wohngeld weniger als den ihm ggf. zustehenden Sozialhilfebedarf zu Verfügung hat, dem glaubt das Wohngeldamt nicht, dass er von sowenig lebt, bzw. sagt ihm, er müsse dann vorab Sozialhilfe beantragen.

Auch hierzu wären konkrete Tipps angesagt! Es gibt in so einem Fall mehrere Möglichkeiten, die ggf. mittels Widerspruch/Klage oder - z.B. nach Fristablauf - auch mit einem erneuten Antrag auf Wohngeld realisiert werden können.

Die "normale" Lösung: mögliche Sozialhilfeansprüche sollte man immer prüfen und geltend machen. (ggf. zunächst eine behördenunabhängige Sozialhilfe-Beratungsstelle aufsuchen, Adressen siehe http://www.wex-bb.de bzw. Tel. 82097-183!).

Die "stressfreie" Lösung: Wer Sozialhilfe nicht beantragen will oder kann (z.B. weil die Eltern rangezogen würden oder wegen vorhandenen Vermögens), legt dem Wohngeldamt eine Bescheinigung über mtl. Unterhaltszahlungen (bzw. noch besser: Darlehenszahlungen, denn diese zählen nicht als Einkommen, somit erhöht sich der erzielte Wohngeldbetrag...) von Verwandten/Bekannten etc. in der erforderlichen Höhe (fehlende Differenz zum Sozialhilfebedarf) vor (diese Zahlungen können auf das Konto oder auch in bar geleistet werden).

Die "geniale" Lösung: Leider ist es nur selten möglich, dem Wohngeldamt glaubhaft nachzuweisen, dass man derzeit (ganz oder teilweise) von Entnahmen aus eigenem Vermögen lebt. Diese Lösung erfordert zwar ein entsprechend gefülltes Konto (je nach Fallkonstellation mind. ca. 2.500 Euro) und die entsprechenden Abhebungen, ist aber genial, weil Vermögen bei Wohngeld zulässig ist, bei Sozialhilfe hingegen nur in geringer Höhe, und Entnahmen aus Vermögen beim Wohngeld nicht als "Einkommen" rechnen, womit der erzielbare Wohngeldbetrag das Optimum erreicht...

Schließlich die "nervige" Lösung: Dem Wohngeldamt detailliert(!) nachweisen, dass man mit weniger als der Sozialhilfe "auskommt". Dieser Weg hilft meist nicht wirklich weiter, denn das Wohngeldamt wird dann immer verschwiegene Einnahmen/Schwarzarbeit usw. vermuten bzw. unterstellen (vgl. dazu VG Braunschweig 8 A 8682/91, U. v. 26.03.93).

Mit freundlichen Grüßen

Informationsabende mit Sozialberatung
Informationsabende mit Beratung zu den Themen Wohngeld, Mietschulden,
Umgang mit Ämtern und Behörden etc.
finden ab sofort
jeden ersten Donnerstag
im Monat um 19 Uhr
in der Geschäftsstelle
der Berliner MieterGemeinschaft e. V.,
Möckernstraße 92, 10963 Berlin statt.
Die Informationsabende sind auch für
Nicht-Mitglieder offen.

 

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