MieterEcho
Nr. 290 - Mai 2002

Tilo writes again

 

Tilo Stöhr ist den Leserinnen und Lesern des MieterEchos kein Unbekannter. Ein Mitglied der Berliner MieterGemeinschaft wehrte sich gegen Schabenbefall des Wohnhauses und musste sich dabei mit der Tilo Stöhr-Grundstücksverwaltung herumschlagen. Das Gebäude wurde 1998 von Stöhr erworben, die Vorbesitzerin war die Wohnungsbaugesellschaft Lichtenberg, die regelmäßig Maßnahmen gegen den Kakerlakenbefall durchführte, was Tilo Stöhr zunächst anscheinend für übertrieben hielt. Jedoch, der (hier veröffentlichte) Brief der betroffenen Mieterin verfehlte seine Wirkung nicht, denn Stöhr verfasste zwar eine sehr befremdliche Antwort, die wir unseren Leserinnen und Lesern keinesfalls vorenthalten wollten, ließ aber dann doch eine Schädlingsbekämpfung durchführen. Immerhin: Das Gebäude ist zur Zeit schabenfrei.

Brief einer Mieterin
an die Tilo Stöhr-Grundstücksverwaltung
vom 16. 01. 2002:

Sehr geehrte Damen und Herren,
in meiner Wohnung musste ich vor ca. acht Wochen vereinzelt Schaben feststellen. Als ich daraufhin den Hauswart informierte, wurden in Küche und Bad Fallen aufgestellt. Außerdem bekam ich den Rat, doppelseitiges Klebeband auf meiner Türschwelle zu befestigen, da ich vermutete, dass die Schaben vom Hausflur aus in meine Wohnung gelangt waren. Wie sich nun nach acht Wochen herausstellt, trifft meine Vermutung zu. Es finden sich keine Schaben in den Fallen in Küche und Bad, dafür aber einige auf dem Klebeband auf meiner Türschwelle. Um die Gefahr eines Ungezieferbefalls meiner Wohnung abzuwenden, sah ich mich gezwungen, ein Insektizid zu erwerben, um damit regelmäßig meine Wohnungstür von außen sowie die Türschwelle zu präparieren. Laut Auskunft der Sachbearbeiterin des Gesundheitsamts (Lichtenberg-Hohenschönhausen) entsteht durch die Schaben vor allem Schaden durch Verunreinigung und Verbreitung von Fäulniserregern und Krankheitskeimen, wie z.B. Milzbrand, Salmonellen und Tuberkulose. Schaben sind auch Zwischenwirt von Fadenwürmern und mitverantwortlich von Hospitalismus in Krankenhäusern. Der Ungezieferbefall des gesamten Hauses und die damit verbundene Gefahr des Befalls meiner Wohnung durch Schaben ist aus o.g. Gründen kein unerheblicher Mangel in der Mietsache. Da meine Maßnahme zur Erhaltung der Mietsache (Wohnräume) notwendig war, bin ich berechtigt, gem. § 536 a II Nr. 2 BGB einen Aufwendungsersatz in Höhe von 19,90 DM gegen Sie geltend zu machen, den ich mit dem nächsten fälligen Mietzins (Februar) verrechnen werde (Quittung anbei).

Ich wohne bereits seit acht Jahren im Mietobjekt Weißenseer Weg 02 und weiß, dass eine regelmäßige Schabenbekämpfung (alle 8 bis 12 Wochen) noch bis vor einem oder zwei Jahren üblich war. Zur Einstellung der regelmäßigen Schabenbekämpfung bestand, wie ich nun feststellen muss, kein Anlass, denn mittlerweile fand ich Schaben im Briefkasten, im Fahrstuhl und vor allem massiv im Hausflur und im Raum des Müllschluckers der 14. Etage vor. Gem. § 535 (2) BGB haben Sie als Vermieter die Pflicht, die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie auch während der Mietzeit zu erhalten. Als Mietsache gelten nicht nur die Wohnräume, sondern auch Zubehörteile (§§ 314, 97 BGB), soweit sie für die allgemeine Benutzung durch den Mieter in Betracht kommen. Dies sind, soweit nicht anderweitige Absprachen getroffen wurden, auch Fahrstühle, Treppen, Hausflur, Raum des Müllschluckers usw. Aufgrund meines Mietvertrages kann ich davon ausgehen, dass sich meine Mietsache auch auf die o.g. Zubehörteile erstreckt. Da aus meinem Mietvertrag nicht hervorgeht, dass ich den Schabenbefall des Hauses und damit einhergehend einen möglichen Ungezieferbefall in meiner Wohnung zu dulden habe, fordere ich Sie hiermit auf, Ihrer Pflicht als Vermieter gem. § 535 BGB nachzukommen und umgehend die Beseitigung der Schaben im gesamten Gebäude zu veranlassen.

Ich weise Sie weiterhin darauf hin, dass nach Auskunft der Sachbearbeiterin des Gesundheitsamtes eine lokale, einmalige Bekämpfung der Schaben aufgrund ihrer Ontogenese (Die Larven schlüpfen erst nach zwei bis drei Monaten. Die Entwicklung ist bei hohen Temperaturen nach 22 Wochen abgeschlossen, normalerweise aber erst nach einem Jahr.) und vor allem wegen der mittlerweile massiven Verbreitung im gesamten Gebäude unzweckmäßig ist. Weiterhin wurde mir mitgeteilt, dass Schaben ihre Eipakete bereits nach zwei bis fünf Tagen wahllos ablegen, so dass damit die Gefahr einer Verbreitung des Ungeziefers auch in andere Häuser und Wohnungen besteht. So besteht die Möglichkeit, dass Eier an den Schuhen von Besuchern haften bleiben, wenn diese den Hausflur passieren. Eine wirksame Bekämpfung des Ungeziefers kann somit nur erfolgreich sein, wenn Sie eine professionelle Firma beauftragen, welche über einen längeren Zeitraum tätig wird.

Da sich die Schaben sehr schnell vermehren, ist Eile geboten, bevor weitere Schäden entstehen.

Sollten Sie Ihrer Pflicht bezüglich der Schädlingsbekämpfung im gesamten Weißenseer Weg 02 bis zum 30.01.2002 nicht nachkommen, sehe ich mich gezwungen, rechtliche Schritte gegen Sie einzuleiten, um auf diesem Weg eine Anordnung auf Durchführung der Beseitigung der Schaben gegen Sie zu erwirken.
Sollten Sie meiner Aufforderung bezüglich der Schädlingsbekämpfung im gesamten Haus Weißenseer Weg 02 bis zum 30.01.2002 nicht nachgekommen sein, werde ich außerdem von meinem Recht aus § 536 I BGB Gebrauch machen und die Miete ab Februar um 7 % mindern.

Mit freundlichen Grüßen …