MieterEcho
Nr. 287 - September/ Oktober 2001

Bravo Fortissimo!

 

Der Immobilienhandel hat auch schon bessere Tage erlebt. In den vergangenen zwei Jahren hörte man Klagen über starke Umsatzrückgänge und auch in diesem Jahr soll es wieder nicht so recht vorangehen. 1999 waren es noch 281 Mrd. DM, 2000 nur noch 250 Mrd. und für 2001 erwartet man nur wenig mehr als 240 Mrd. DM Umsatz.

Das Geschäft der Zwangsversteigerungen von Immobilien hingegen boomt (siehe "Eigentum perdu" S. 7, die Red.).

Auf diesem Wachstumsmarkt werden heuer Objekte im Werte von über 30 Mrd. den Besitzer wechseln. Beachtlich ist dabei nicht nur, dass ein Achtel des gesamten Umsatzes der Immobilienbranche in Amtsgerichten abgewickelt und dadurch Justitia in ganz neuer Weise in das marktwirtschaftliche Geschehen eingebaut wird, sondern dass es zukünftig auch zeitgemäß unfern des Neuen Marktes geschehen soll, wie man gleich sehen wird. Das war nicht immer so, aber "Warum soll man die Schnäppchenjagd irgendwelchen Amateuren überlassen, drögen Kerls, die eher an die Mützenjäger aus Tarascon erinnern als an die eleganten Waidmänner in Armani-Anzügen wie wir sie aus Modemagazinen, dem Bundestag und der New Economy kennen- und schätzen gelernt haben?" mögen sich 1997 Heinz Gorsler und Werner Ströer gefragt haben.

Eine Antwort war schnell gefunden und die Idee zur Gründung einer "Immo AG" geboren. Doch Ideen sind flüchtig und erst als 1999 Konsul Dieter F. Kindermann ihrem Bund beitrat, kam es zur "Konkretisierung und Formierung der Geschäftsidee." Danach, so kann man ihrer nicht ohne einen gewissen Stolz dargebotenen Darstellung entnehmen, ging es eigentlich Schlag auf Schlag:

"1.11.1999 Gründung der Fortissimo Verwaltungs-AG mit einem Grundkapital von EUR 50.000

21.3.2000 Grundkapitalerhöhung auf EUR 10 Mio., Umbenennung in Fortissimo Immobilien-Handelshaus AG

08.5.2000 Sitzverlegung auf Schloss Arensburg

18.5.2000 Kapitalerhöhung um weitere EUR 15 Mio. auf insgesamt EUR 25 Mio.

22.6.2000 Erwerb des neuen Hauptsitzes Schloss Arensburg, Rinteln"

"Die Fortissimo Immobilien-Handelshaus AG ist eine Aktiengesellschaft," so schreiben die frischnobilitierten Schlossherren über ihr Unternehmen, "die sich auf den schnellen Handel mit Immobilien spezialisiert hat. Aus Konkursen, Notverkäufen, Bankverwertungen kauft die Fortissimo AG Immobilien zu günstigen Preisen. Die Idee dahinter: Sobald der Verkäufer für seine Immobilie einen Käufer braucht, steht die Fortissimo AG just-in-time zur Verfügung und zahlt das Objekt sofort gegen Barzahler-Rabatt." Die beispielgebenden Jungs sind wirklich ‚just-in-time` bzw. auf der Höhe ihrer Zeit. Ganz im Gegensatz zu denen, die es heutzutage noch wagen, Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen und sich faul im sozialen Netz räkeln. Doch wir wollen nicht abweichen. Sie selbst und die Presse sehen das übrigens ganz ähnlich:

"Dieter F. Kindermann, Duz-Freund vieler Größen aus Wirtschaft und Politik, gehört seit Jahren zu den illustren Persönlichkeiten der Kapitalanlagebranche" schrieb Die Welt am 5.10.2000. Der illustre Duz-Freund selbst vertraute der Finanzwelt vom Aug./Sept. 2000 an: "Sinn und Zweck von Fortissimo ist der Kauf und Verkauf von Immobilien innerhalb kürzester Fristen. Dabei partizipieren wir von überfüllten Teichen. Denn tausend und abertausend von Immobilien sind notleidend und Projekte, die 13 oder 14 Millionen Mark kosteten, werden im Verwertungsfall von Gerichtssachverständigen teilweise für dreiviertel der ursprünglichen Kosten eingewertet und verkauft." Wie man hinzufügen sollte, nicht nur die 13 oder 14 Mio. DM schweren dicken Fische, alle anderen auch. Und eben das ließ die Firmengründer von Anbeginn an so hoffnungsfroh nach vorn schauen. 12 Monate sind sie nun schon dabei und so können sie in ihrem Geschäftsbericht augenzwinkernd mitteilen: "Als Fazit des abgeschlossenen Geschäftsjahrs lässt sich ziehen:

Wo andere die Zukunft schwarz sehen, schreibt die Fortissimo AG schwarze Zahlen."

Und das ist kein schwarzer Humor, sondern bitterer Ernst.

Für das Jahr 2003 hat man noch Bedeutenderes vor. Dann will man das Unternehmen an die Börse bringen, wahrscheinlich an den Neuen Markt. Endlich kann sich dann so manch ein Häuslebauer auf elegante Weise absichern. Denn wenn ihm selbst die Zwangsversteigerung droht, erleben seine Fortissimo-Aktien sicherlich eine Kurssteigerung. AG UMWANDLUNG

 

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