MieterEcho
Nr. 283 - Januar/Februar 2001

Mieter kaufen ihr Haus - Gruppenfinanzierung von Wohneigentum für Schwellenhaushalte und Haushalte mit geringem Einkommen

 

von Karin Baumert

Seitdem die Wohnungsbaugesellschaften ihren Wohnungsbestand privatisieren müssen, erscheint das Genossenschaftsmodell als einer der Rettungsanker, der die Privatisierung sozial verträglich absichert. Aber werden nicht die Haushalte mit geringem Einkommen und die sogenannten Schwellenhaushalte - diejenigen Haushalte, die für die staatliche Förderung der Miete (u.a. das Wohngeld) zuviel und für eine Eigentumsförderung zuwenig verdienen - von dem Genossenschaftsmodell ausgeschlossen?

In "Mieter kaufen gemeinsam ihr Haus - das Modell der Zukunft; Wie Sie Wohneigentum auch bei geringem Einkommen finanzieren" von Udo Reifner wird ein Modell der Wohneigentumsfinanzierung für Gruppen vorgestellt. Das im Auftrag des Vereins Arche e.V. und vom Sozialministerium in Mecklenburg-Vorpommern finanzierte Mieterfonds-Modell wurde mit dem Ziel entwickelt, eine sozialverträgliche Wohneigentumsbildung auch für Schwellenhaushalte und Niedrigverdienende zu ermöglichen. Über einen Treuhandeigentümer, der in der Form einer GmbH & Co. KG einen Immobilienfonds betreibt und dessen Geschäfte von einem eingetragenen Verein geführt werden, erhalten Mieter über den Kommanditistenstatus die Chance, nicht nur ihr finanzielles, sondern auch ihr Arbeits- und Kosteneinsparungspotential so in ihr eigenes Objekt zu investieren, dass sie wirtschaftlich sukzessiv Teile ihrer Wohnung als "Miet-Eigentum" erwerben und sich damit wie Bauherren verhalten können. Zugleich ermöglicht dieses "Rostocker Modell" Kreditgebern, d.h. nicht selbst nutzenden Investoren als steuerlich und renditeinteressierte Kommanditisten, und den unmittelbaren Nutzern zu einer weitgehenden Interessenübereinstimmung bei der wirtschaftlichen Förderung des Objekts zu finden.

Bei der Gruppenfinanzierung investiert jeder in einen großen Topf hinein und nutzt dabei verschiedene Möglichkeiten von Finanzdienstleistung, staatlicher Eigentumssubventionierung oder Fondsbeteiligung für Investitionen zwecks Steuerabschreibung. Erwerb und Besitz von Eigentum fallen durch die Gruppenfinanzierung auseinander, was die Gruppeninteressen am Gesamtbesitz fördert. Der Vorzug besteht darin, dass jeder Haushalt in der Regel weniger als die derzeitige Miete zahlt und flexibel bleiben kann in der Entscheidung, ob die Miete als Eigentumserwerb bewertet werden soll oder als Mieteinnahme. Dadurch bleiben im Konfliktfall mit Gruppeninteressen die Bewohner in ihren Rechten autonom.

Gerade in den Zeiten zunehmender Flexibilisierung der Arbeitswelt, hoher Mobilität und veränderter Berufskarrieren sind die Wahlmöglichkeiten zwischen Miete und laufendem Eigentumserwerb besonders hoch einzuschätzen. Fällt z.B. ein Haushalt aufgrund ausbleibender Aufträge oder durch Arbeitslosigkeit in die Grenzen von Mietförderung, kann der Eigentumserwerb wieder umgewandelt werden in eine normale Mietzahlung und somit Wohngeld in Anspruch genommen werden. Sollte der Haushalt z.B. durch ein verändertes Einkommen aus der Mietförderung wieder herausfallen, kann er am Eigentumserwerb teilnehmen und damit langfristig seinen eigenen Wohnraum mitfinanzieren.

Die Vorzüge des Immobilienmarktes, die in der Regel den Eigentümern und Investoren, Immobilienmaklern und Anlagefonds zugute kommen, könnten von den Mietern selbst genutzt werden. Der größte Vorteil liegt vielleicht sogar in der Flexibilität beim Ausstieg aus dem Eigentum. Anders als bei Immobilien oder üblichen Immobilienfonds muss sich der Teileigentümer und Mieter nicht um den Verkauf unter veränderten Marktbedingungen kümmern, er braucht den Erwerb oder die Kreditfinanzierung nicht als Last ein Leben lang mit sich herumzutragen, sondern lediglich die eingezahlten Anteile als Mietzahlung umwandeln. Da er hätte wieso Miete zahlen müssen, wird seine persönliche Entscheidungsfreiheit zu Wohnraumwechsel und anderen Lebensentscheidungen durch die Belastungen von Eigentum weniger eingeschränkt.

Udo Reifner:

Mieter kaufen gemeinsam ihr Haus - das Modell der Zukunft; Wie Sie Wohneigentum auch bei geringem Einkommen finanzieren

Rowohlt Taschenbuchverlag, Hamburg 1997

 

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