MieterEcho
Nr. 273 - April/Mai 1999

Das ´Beste´ aus der Vermieterpraxis - Steuerskandal (2. Fortsetzung)

 

Leserbrief

Betr.: "Steuerskandal",
MieterEcho 272, S.16

...Wenn man bedenkt, dass Mieter im Nov. 1998 plötzlich Steuernachforderungen rückwirkend über 7 Jahre bis 1.1.91 völlig unverschuldet erhalten, dann ist nicht nur der Begriff „Sozialstaat“, sondern vor allem auch der „Rechts-Staat“ in Zweifel zu ziehen.
Auf Grund der besonderen Umstände war es verständlich, dass für die Grundbesteuerung im Osten 1992 gem. § 42 eine "Ersatzbemessungsgrundlage" eingeführt wurde. Sie betrug damals DM 2,- pro Quadratmeter Wohnfläche bei einem Hebesatz von 300 %. Dieser wurde dann bis 1995 auf 600 % und damit auf 4,- DM/qm verdoppelt.*

Man kann auch akzeptieren, dass diese Ersatzbemessungsgrundlagen durch "Einheitswert-Bescheide" ersetzt worden sind.

Unfassbar ist es aber, daraufhin jetzt über Jahre rückwirkend Nachforderungen zu stellen, ohne dass vorher irgendein Hinweis auf diese Verfahrensweise gegeben wurde, was ich für ungesetzlich halte.(...)

Bei einer Akteneinsicht konnte ich erfahren, dass das gesamte Objekt 1996 noch als "unbebautes" und ab 1997 dann als "bebautes" Grundstück eingestuft wurde.

Diese Unterscheidung zwischen unbebautem und bebautem Grundstück mit unterschiedlichen Einheitswerten oder Steuermessbeträgen bestätigt, daß es gar nicht mehr um den Quadratmeter Grund und Boden geht, wie man bei der "Grund"steuer eigentlich erwartet. Meine Recherchen in einigen Broschüren usw. ergaben, dass für "Wohn"-Grundstücke eine "Rohmiete" ermittelt und als Steuermessbetrag oder Einheitswert zu Grunde gelegt wird.

Es werden also eindeutig die "Einnahmen" oder der "Erlös" aus dem Grundstücksbesitz besteuert. Wir sind aber nur "Mieter einer Wohnung", also kein Grundbesitzer, und haben dafür "Miete" zu bezahlen.

Deshalb kann man davon ausgehen, dass es einer pfiffigen Vermieter-Lobby gelungen ist, diese auf Einnahmen/Erlöse basierende Steuer als "Laufende öffentliche Lasten des Grundstücks, insbesondere Grundsteuer" umzuwidmen und in die berühmte Anlage 3 zu lancieren, womit sie dem Mieter als "Betriebskosten" untergeschoben sind.(...)

Lt. BGB müssen wir Mieter die mit der Nutzung der Mietsache entstehenden Kosten bezahlen, Betriebskosten aber sind Lieferungen und Leistungen, die nach technischen und ökonomischen Parametern in Rechnung gestellt werden, z.B. DM/Kubikmeter Wasser, DM/Quadratmeter Reinigung u.ä. Dagegen sind Steuern eine Abgabe, die von den Kommunen festgesetzt und nach Prozent- oder Hebesatz berechnet wird, d.h. ihr liegt ein "Zustand" und kein beeinflußbarer Verbrauch zu Grunde.

Dieser Hebesatz wird für alle Grundstücksarten einheitlich festgelegt, d.h. auch für landwirtschaftl., forstwirtschaftl. oder gewerblich genutzte Grundstücke. Mit der gegenwärtigenPraxis sind wir Mieter doppelt betroffen:

erstens durch die den Vermietern - in Anbetracht der gegenwärtigen Lohnpolitik völlig unverständlicherweise - zugestandenen Mieterhöhungen von jährlich 10% oder 30% in 3 Jahren, zweitens eben durch die Erhöhung des Hebesatzes für die Grundsteuer durch die Kommunen, womit diese sich eigentlich an den Ertragsteigerungen aller Grundstücksarten beteiligen wollen. Nur der Wohngrundstücksbesitzer kann z. Zt. diese Besteuerung seiner Einnahmen aus Miete auf den Mieter abwälzen. Hier liegt der eigentliche "Skandal".

Das "Abzocken der Mieter" wurde legalisiert, was unannehmbar ist. (...)

Jawohl: "Es ist höchste Zeit", etwas zu tun...
Diese unverschämten Nachforderungen sind eine günstige Gelegenheit, den Stein ins Rollen zu bringen. (...)

Horst Grahl
12487 Berlin

 

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