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Mietrecht

Urteile

Unwirksame Schönheitsreparaturklausel bei Verpflichtung, diese in vorgegebenen Farben auszuführen

Bei formularmäßiger Übertragung der Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen wird der Mieter durch die Vorgabe, Fenster und Türen „nur weiß“ zu streichen, unangemessen benachteiligt. Dies führt zur Unwirksamkeit der Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter insgesamt.

BGH Urteil vom 20.01.2010 – AZ VIII ZR 50/09 –

Die Mieterin mietete von Dezember 2001 bis Februar 2006 eine Wohnung von der Vermieterin. Im Mietvertrag war hinsichtlich der Schönheitsreparaturen folgendes vereinbart: „Der Mieter ist verpflichtet, die während des Mietverhältnisses anfallenden Schönheitsreparaturen auf eigene Kosten durchzuführen. Die Schönheitsreparaturen sind fachgerecht und wie folgt auszuführen: Tapezieren, Anstreichen der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden, der Heizkörper einschließlich der Heizrohre, der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen (...). Im Allgemeinen werden Schönheitsreparaturen in den Mietshäusern in folgenden Zeitabständen erforderlich: In Küchen, Bädern und Duschräumen alle drei Jahre, in Wohn- und Schlafräumen, Fluren, Dielen und Toiletten alle fünf Jahre, in anderen Räumen alle sieben Jahre.“
In der Anlage zum Mietvertrag heißt es: „Bei der Ausführung von Schönheitsreparaturen sind die Türblätter, Türrahmen, Fensterflügel und Fensterrahmen (ausgenommen Kunststoff-, Aluminium-, und Dachfenster sowie fertig beschichtete Türblätter) nur weiß zu lackieren“.
Die Vermieterin verlangte von der Mieterin 1706 Euro als Schadensersatz wegen unterlassener Schönheitsreparaturen. Das Amtsgericht hat die Mieterin zur Zahlung von 80 Euro wegen einer beschädigten Arbeitsplatte verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung der Ver- mieterin zurückgewiesen. Die Revision der Vermieterin beim BGH blieb ohne Erfolg.
Der BGH wies in seiner Entscheidung darauf hin, dass die in der Anlage des Mietvertrags enthaltene Farbvorgabe „weiß“ beim Anstrich der Innentüren sowie der Innenseiten der Fenster und der Außentür den Mieter unangemessen benachteilige, was gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Unwirksamkeit der Ab- wälzung der Pflicht zur Durchführung der Schönheitsreparaturen insgesamt führe.
Eine Formularklausel, die den Mieter auch während der Mietzeit generell zu einer Dekoration in einer ihm vorgegebenen Ausführungsart oder Farbwahl verpflichte und ihn dadurch in der Gestaltung seines persönlichen Bereichs einschränke, ohne dass hierfür ein anerkennenswertes Interesse bestehe, benachteilige den Mieter unangemessen. Die im vorliegenden Fall vereinbarte Farbwahlklausel für die Innentüren sowie die Innenseiten der Fenster und die Tür zur Ausführung mit einem weißen Anstrich enthielt keinerlei Beschränkung auf den Zeitpunkt der Rückgabe der Wohnung.
Nach Ansicht des BGH kommt es auch nicht darauf an, dass die Renovierungspflichten an den Fenstern und Türen wesentlich seltener anfallen als die Renovierung von Wänden und Decken. Ebenso wenig komme es darauf an, ob das Interesse des Mieters an der farblichen Gestaltung von Decken und Wänden ein größeres Gewicht habe als die farbliche Gestaltung der Türen. Insoweit habe das Landgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass es kein anerkennenswertes Interesse des Vermieters an der einheitlichen Gestaltung der
Innentüren und der Innenseiten der Fenster während der Dauer des Mietvertrags gebe. Die Einschränkung der Gestaltungsfreiheit des Mieters benachteilige diesen deshalb in unangemessener Weise.
Der BGH wies zudem darauf hin, dass es sich bei der Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen um eine einheitliche Rechtspflicht handelt, die nicht in Einzelmaßnahmen oder Einzelpakete aufgespalten werden kann, sondern deren Ausgestaltung durch den Mietvertrag insgesamt zu bewerten ist. Stellt sich die Verpflichtung aufgrund unzulässiger Ausgestaltung in ihrer Gesamtheit – sei es wegen zeitlicher Modalitäten, sei es wegen der Ausführungsart – als übermäßig dar, ist die Verpflichtung insgesamt unwirksam. Die Verpflichtung kann auch nicht durch eine inhaltliche Umgestaltung der Klausel – z. B. durch den Wegfall der Renovierungspflicht für die Fenster und Türen – aufrecht erhalten werden.


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