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Mietrecht

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Fristen für die nachträgliche Abrechnung von Betriebskosten

Der Vermieter, der die Jahresfrist des § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB für die Abrechnung von Betriebskosten zunächst unverschuldet nicht einhalten kann, hat die verspätete Geltendmachung einer Nachforderung dennoch zu vertreten, wenn er sich damit auch dann noch unnötig viel Zeit lässt, nachdem ihm die notwendigen Unterlagen für die Abrechnung vorliegen. Im Regelfall ist er gehalten, die Nachforderung innerhalb von drei Monaten nach Wegfall des Abrechnungshindernisses zu erheben.

BGH Karlsruhe, Urteil vom 05.07.2006 – AZ VIII ZR 220/05 –

Die Vermieterin erhielt im Jahr 2002 Grundsteuerbescheide des Finanzamts mit Nachforderungen für die Jahre 1998 bis 2000 und am 08.01.2003 einen weiteren Grundsteuerbescheid mit Nachforderungen für das Kalenderjahr 2001. Alle Nachforderungen wurden im Jahr 2003 von der Vermieterin ausgeglichen. Mit Schreiben vom 28.10.2003 rechnete die Vermieterin gegenüber den Mietern über die Nachforderungen ab und verlangte die anteilig auf das Mietverhältnis entfallende Grundsteuernachzahlung in Höhe von insgesamt 661,64 Euro. Die Mieter zahlten die Nachforderung nicht.

Im Anschluss an die Beendigung des Mietverhältnisses forderten die Mieter die Freigabe des verpfändeten Sparguthabens, während die Vermieterin - wegen der oben genannten Nachzahlung - ein Zurückbehaltungsrecht geltend machte. Das Amtsgericht hatte die Vermieterin zur Freigabe Zug um Zug gegen Zahlung von 661,64 Euro durch die Mieter verurteilt. Im Anschluss an die Berufung durch die Mieter änderte das Landgericht Berlin das Urteil ab und verurteilte die Vermieterin zur vorbehaltlosen Freigabe des Sparguthabens. Die Vermieterin legte Revision ein.

Der Bundesgerichtshof ließ zunächst offen, ob Betriebskosten nach dem sogenannten Abflussprinzip oder aber nach dem Leistungsprinzip abzurechnen wären. Im erstgenannten Fall käme es für die Frage, in welchem Jahr die nachträglichen Grundsteuern abzurechnen sind und somit auf das Jahr der Zahlung an (in diesem Fall 2003). Im letztgenannten Fall müssten die nachträglichen Grundsteuern im Leistungszeitraum nachberechnet werden (somit in den Kalenderjahren 1998 bis 2001). Auf diese Frage kam es jedoch nicht an, da die Vermieterin die Nachberechnung - für das Kalenderjahr 2001 - gewählt hatte.

Grundsätzlich war die Abrechnungsfrist für die Betriebskosten 2001 nach Maßgabe der Vorschrift § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB mit Ende des Kalenderjahres 2002 abgelaufen. Der Bundesgerichtshof wies darauf hin, dass die Geltendmachung einer Nachforderung ausgeschlossen sei, es sei denn der Vermieter habe die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten. Hiervon könne jedoch im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden. Zwar treffe die Vermieterin kein Verschulden an der nachträglichen Berechnung und Festsetzung der Grundsteuer, da ihr der zugrunde liegende Bescheid erst am 08.01.2003 zugegangen war. Nach dem Sinn und Zweck der Abrechnungsfrist des § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB könne ein Vermieter jedoch in diesen Fällen nicht unbegrenzt warten, bis er eine Abrechnung erstelle oder eine Nachforderung erhebe. Er sei vielmehr im eigenen Interesse gehalten, die Nachforderungen zeitnah zu realisieren, damit der Mieter in einem überschaubaren zeitlichen Zusammenhang Gewissheit darüber erlange, ob und in welcher Höhe er mit weiteren Zahlungen rechnen müsse. Das gelte auch dann, wenn der Mieter möglicherweise von den auf ihn zukommenden Nachforderungen nichts wisse.

Auf diese Weise könne eine zunächst entschuldigte Verspätung mit Rücksicht auf den Sinn und Zweck der Vorschrift des § 556 Abs. 3 BGB nachträglich zu einer verschuldeten Verspätung werden, wenn sich der Vermieter unnötig viel Zeit bis zur Erstellung der Abrechnung lasse.

Nicht geklärt sei die Frage, welcher Zeitraum insoweit maßgeblich sei. Die von einigen Stimmen im Schrifttum geforderte Zweiwochenfrist würde den Vermieter zu einer äußersten Beschleunigung zwingen und sei seinen Interessen nicht angemessen. Da der Gesetzgeber in einer ähnlichen Konstellation mit der Vorschrift des § 560 Abs. 2 BGB dem Vermieter die rückwirkende Erhöhung von Betriebskostenpauschalen für den Zeitraum von drei Monaten ermöglicht hat, hielt der Bundesgerichtshof eine Übertragung dieses Zeitraums auf die Frist zur nachträglichen Berechnung von Betriebskosten für sachgerecht. Entsprechendes gelte für die Dreimonatsfrist gemäß § 4 Abs. 8 Satz 2 Neubaumietenverordnung (NMV), bei der es sich zwar um auslaufendes Recht handele, die jedoch die Wertung des Gesetzgebers zum Ausdruck bringe.

Mit der im Anschluss an den rückwirkenden Grundsteuerbescheid erst nach neun Monaten nachträglich erfolgten Abrechnung hatte die Vermieterin den ihr zuzubilligenden Zeitraum deutlich überschritten. Dass eine frühere Abrechnung nicht möglich gewesen wäre, hatte die Vermieterin nicht behauptet, sodass davon auszugehen war, dass Sie die verspätete Geltendmachung zu vertreten hatte. Da der Abrechnungsanspruch nicht bestand, gab es kein Zurückbehaltungsrecht der Vermieterin, die somit zur Freigabe der Kaution verurteilt wurde.

Veröffentlicht in MieterEcho Nr. 318


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