Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter

Betriebskostenabrechnung des Vermieters gegenüber nur einem Mieter bei Mietermehrheit

Der Vermieter ist nicht daran gehindert, die nach § 556 Abs. 3 BGB geschuldete Abrechnung der Betriebskosten, die eine Nachforderung zu seinen Gunsten ausweist, nur einem von mehreren Mietern gegenüber vorzunehmen und lediglich diesen auf Ausgleich des sich hieraus ergebenden Nachzahlungsbetrags in Anspruch zu nehmen.

Die beklagte Mieterin hatte zusammen mit ihrem Ehemann eine Wohnung gemietet. Die Vermieterin hatte mit Schreiben vom 5. Dezember 2006 die Betriebskosten für das Kalenderjahr 2005 gegenüber beiden Mietern abgerechnet, aber die Abrechnung nur an die Mieterin übermittelt. Die Mieter haben die Nachforderung teilweise nicht bezahlt. Die Mieterin wandte unter anderem ein, dass die Abrechnung nur ihr gegenüber erteilt wurde. Das Amtsgericht verurteilte die Mieterin zur Zahlung. Das Landgericht wies die Berufung der Mieterin zurück. Ihre Revision gegen das Urteil des Landgerichts hatte keinen Erfolg. Der Bundesgerichtshof (BGH) gelangte in seiner Entscheidung zum Ergebnis, dass die Fälligkeit der Nachforderung gegenüber einem Mieter (bei Abschluss eines gemeinschaftlichen Mietvertrags) nicht voraussetze, dass die Abrechnung auch gegenüber den weiteren Mietern erfolgt und auch diesen gegenüber fällig geworden ist. Wenn mehrere Personen eine Wohnung anmieten, würden sie für die Mietforderung des Vermieters einschließlich der Nebenkosten als Gesamtschuldner haften. Der Vermieter sei daher berechtigt, nach seinem Belieben jeden Schuldner ganz oder teilweise in Anspruch zu nehmen. Dies gelte auch dann, wenn zwischen den Gesamtschuldnern eine Tilgungsgemeinschaft bestehe. Auch wenn bis zur Bewirkung der gesamten Leistung alle Schuldner (Mieter) verpflichtet blieben, handele es sich bei den zu einer Gesamtschuld verbundenen Forderungen um selbstständige Ansprüche des Gläubigers (in diesem Fall des Vermieters).

Die Übermittlung einer formell ordnungsgemäßen Abrechnung an den Mieter diene dazu, die Fälligkeit des sich hieraus ergebenden Saldos herbeizuführen – entweder eine Nachforderung des Vermieters oder ein Guthaben des Mieters. Dieses „Fälligstellen“ sei kein Umstand, der einheitlich gegenüber allen Gesamtschuldnern (Mietern) erfolgen müsse. Da zwischen den Mietern gerade kein Gemeinschaftsverhältnis bestehe, könne die Mietforderung gemäß § 425 BGB gegenüber jedem Schuldner gesondert fällig gestellt werden.

Die Mieterin hatte eingewandt, dass, da der Abrechnungsanspruch der Mieter gegen den Vermieter den Mietern nur gemeinschaftlich als Mitgläubiger im Sinne des § 432 BGB zustehe, die Vermieterin ihre Abrechnungspflichten auch nur durch eine gemeinsame Abrechnung erfüllen könne. Der BGH wies in diesem Zusammenhang auf den Unterschied zwischen dem Anspruch der Mieter auf Erteilung einer Abrechnung und der Geltendmachung einer abgerechneten Nachforderung gegenüber den Mietern hin. Hierbei handele es sich um unterschiedliche Tatbestände, die unterschiedlichen rechtlichen Regelungen unterworfen seien. Auch wenn ein Vermieter zur gemeinsamen Abrechnung gegenüber allen Mietern verpflichtet sei, aber nur gegenüber einem von mehreren Mietern abrechne, ändere dies nichts daran, dass die Abrechnung für den jeweiligen Mieter wirksam sei. Die rechtliche Unabhängigkeit der einzelnen Gesamtschuldverhältnisse ende nur, wenn sich entweder aus den getroffenen Abreden etwas anderes ergebe oder in Fällen, die notwendigerweise eine Gesamtwirkung haben müssen. Letzteres sei beispielsweise bei der Kündigung eines Mietverhältnisses der Fall, sodass die Kündigung gegenüber allen Mietern wirksam erklärt werden müsse.

Der Abrechnung von Betriebskosten komme jedoch kein besonderer rechtsgeschäftlicher Erklärungswert zu, sie sei lediglich ein Rechenvorgang im Sinne des § 259 BGB. Insbesondere könne der betroffene Mieter auch ohne Mitwirkung seiner Mitmieter prüfen, ob die verlangte Nachforderung berechtigt sei oder nicht. Eine mögliche Verletzung der Verpflichtung des Vermieters gegenüber den anderen Mietern ist nach Ansicht des BGH für den Mieter, dem gegenüber abgerechnet wurde, ohne Bedeutung. Der Vermieter sei somit berechtigt, die Abrechnung nur gegenüber einem von mehreren Mietern vorzunehmen und lediglich diesen auf Ausgleich des Nachzahlungsbetrags in Anspruch zu nehmen. Der Anspruch der übrigen Mieter auf Abrechnung bleibe insoweit erhalten.

Dieser Ansicht stehe auch nicht entgegen, dass im umgekehrten Fall, nämlich bei einem Guthaben der Mieter, die Zahlung des Guthabens an alle Mieter gemeinsam gefordert werden könne. Abschließend wies der BGH darauf hin, dass eine einheitliche Abrechnung auch nicht deshalb erforderlich sei, weil möglicherweise dem in Anspruch genommenen Mieter die Möglichkeit verwehrt werde, bei seinen Mitmietern gemäß § 426 BGB Regress zu nehmen.

Die Vorschrift des § 421 BGB billige dem Gläubiger das Recht zu, ohne Rücksicht auf den Innenausgleich zwischen den Gesamtschuldnern einen Schuldner nach seiner freien Wahl in Anspruch zu nehmen. Darüber hinaus verbleibe dem in Anspruch genommenen Mieter die Möglichkeit, die (teilweise) auf ihn übergegangene Forderung des Vermieters gegenüber seinen Mitmietern dadurch fällig zu stellen, dass er ihnen innerhalb der Frist des § 556 Abs. 3 Satz 3 die Abrechnung zugehen lässt. Außerdem, so der BGH, dürfte bei einer Mietergemeinschaft ohnehin die Abrede bestehen, die anteiligen Kosten nach Kopfteilen zu tragen und demjenigen Mieter, der in Vorlage getreten ist, die aufgewendeten Auslagen zu erstatten. In den Fällen, in denen die Mietermehrheit aus Eheleuten bestehe, werde (bei intakter Ehe) ein Innenausgleich ohnehin durch die Handhabung der ehelichen Lebensgemeinschaft überlagert.
 

Veröffentlicht in MieterEcho Nr. 343


Schlüsselbegriffe: Betriebskostenabrechnung, Mietermehrheit, Gesamtschuldner

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