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MieterEcho online 13.10.2012

Kein Grund für Mietrechtsänderung

Wenn es nach dem Willen der Bundesregierung geht, soll das Mietrecht möglichst noch in diesem Jahr erheblich vermieterfreundlicher werden. Energetische Sanierungen und „Mietnomaden“ stehen dabei im Fokus.


Am 15.10. findet ab 12 Uhr eine öffentliche Anhörung zum geplanten Mietrechtsänderungsgesetz statt. Dieses sieht unter anderem vor, die Lasten energetischer Modernisierungen einseitig den Mietern aufzubürden. Die Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger fasste das zur ersten Lesung im Bundestag am 27. September 2012 so zusammen: „Wir wollen, und zwar in sehr ausgewogener Weise, damit ermöglichen, dass Sanierungsmaßnahmen, die im Durchschnitt wenn es sich um Fassaden, um Fenster, um anderes handelt in einer Zeit von drei Monaten durchgeführt werden, geduldet werden und dass für diese Zeit, wenn es zumutbar ist, keine Forderungen nach Mietminderungen erhoben werden.“
Einer der Gutachter der Anhörung, Dr. Ulf Börstinghaus, kommt in seiner schriftlichen Stellungnahme aus amtsrichterlicher Sicht zu dem Schluß: „Aus Sicht der Praxis gab es und gibt es keine Notwendigkeit für eine Gesetzesänderung.“ Es gebe auch keine empirische Untersuchung, „die die Notwendigkeit der Gesetzesänderungen nachweisen würden“ und „wo es empirische Untersuchungen gibt, besagen sie eher genau das Gegenteil. Aus seiner 25 jährigen Praxis könne er bestätigen, dass das geltende Mietrecht die Sanierung und Modernisierung von Wohnraum weder be- noch verhindert. „Dass Mieter eine Modernisierung verhindern, kommt zumindest in der gerichtlichen Praxis so gut wie gar nicht vor. Klagen nach dem heutigen § 554 Abs. 2 BGB auf Duldung einer Modernisierungsmaßnahme sind irrsinnig selten. Allein das spricht eigentlich schon gegen eine Regelungsnotwendigkeit.“
Auch einer Regelung zu so genannten „Mietnomaden“ erklärt der Amtsrichter eine klare Absage. Dieses Thema sei „einer sachlichen Diskussion kaum noch zugänglich und sehr emotional belastet.“ Laut einer umfangreichen Datenerhebung lägen die Zahlen von „Mietnomaden“, also Leuten, die in betrügerischer Absicht Wohnungen anmieten, keine Miete zahlen und sich dann herausklagen lassen würden, „allenfalls im niedrigen dreistelligen Bereich. Bei ca. 24. Mio. Mietverträgen ist das eine Quote von ca. 0,0005% (!!) aller Mietverhältnisse.“ Mit der geplanten Gesetzesänderung ließe sich das „Phänomen des Mietnomadentums nicht ansatzweise bekämpfen“, so Börstinghaus, vielmehr werde dieses Phänomen benutzt, „um damit massive Eingriffe in das Miet- und Mietprozessrecht zu rechtfertigen (Räumung der Wohnung durch einstweilige Verfügung!).“

Stellungnahme Dr. Ulf Börstinghaus unter: http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a06/anhoerungen/26_MietR__ndG/04_Stellungnahmen/Stellungnahme_B__rstinghaus.pdf

Stellungnahme der Berliner MieterGemeinschaft:
http://www.bmgev.de/fileadmin/redaktion/downloads/sonstiges/MietRAendG_Stellungnahme-BMG_17012012.pdf

 

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