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MieterEcho online 21.03.2018

Kalte Entmietung in Neukölln

Während Mieter/innen seit 3 Wochen der Karl-Marx-Straße 179 in ihren Wohnungen frieren, stellt die CDU in der BVV einen Antrag auf Abriss des Hauses.

Jan K. trägt eine dicke Jacke und einen Schal. Solch eine Kleidung  ist bei den winterlichen Temperaturen der letzten Tage nicht ungewöhnlich. Doch  K. trägt seine Wintersachen seit dem 28. Februar auch in seiner Wohnung. Seit diesem Tag gibt es in der Karl-Marx-Straße 179 weder Gas, noch Wasser. Deshalb ist es in der Hinterhauswohnung von K. so kalt wie draußen. Wenn er Wasser braucht, nimmt K. eine Gießkanne und geht zur Pizzeria im Vorderhaus. Auch das Lokal hat seit fast 3 Wochen kein Gas mehr. Warm ist es dort allerdings durch die Heizstrahler. Der Pizzeria wurde der Gewerbemietvertrag bereits gekündigt. Auch mehreren Mieter/innen hat die Hausverwaltung Rexmann schon den Auszug empfohlen und Abfindungen angeboten. Ein Großteil des  Hauses steht bereits leer. Circa 12 Mietparteien wohnen noch in dem großen Haus. Lange Zeit war die Miete relativ günstig, in einer Gegend, in der viele Menschen mit niedrigen Einkommen gelebt haben. Auch die Läden und Restaurants in der Umgebung waren darauf ausgerichtet. Doch das beginnt sich zu ändern.     

Aufwertung im Rixdorfer Kiez

Das  Grundstück Karl-Marx-Straße  179, das an den Comeniusgarten grenzt, wurde vor einigen Jahren an einen Luxemburger Immobilienfonds verkauft, der durch die Strategis AG vertreten wird. Diese plante, die Gewerbebauten im hinteren Teil abzureißen, um dort drei Häuser mit Eigentumswohnungen und einer Tiefgarage zu errichten. Nach Genehmigung des Bauantrages wurde das Grundstück gewinnbringend an den Hamburger Unternehmer Wolfgang Koehnk, den Mitbegründer der Pickens Selfstorage Lagerboxen, weiterverkauft.  Er wird durch die Hausverwaltung Rexmann vertreten. Keine/r der Mieter/innen bekam bisher eine Modernisierungsankündigung oder irgendwelche Informationen zu den Baumaßnahmen. Am 26.Februar tauchten plötzlich Bauarbeiter der Firma ICAN auf, die bei Außentemperaturen von Minus 10 Grad Türen und Fenster aus den leerstehenden Gebäudeteilen herausrissen. Nachdem sie verschwunden waren, nahm ein Mieter starken Gasgeruch war. Die Gasag wurde informiert und sperrte sofort das Gas und für das Hinterhaus auch das Wasser. Die Baugewerbeaufsicht hat Anzeige gegen unbekannt gestellt. Derweil frieren die Mieter/innen weiter in ihren Wohnungen. „Auf eigene Rechnung die Handwerker beauftragen und dann den Vermieter zahlen lassen, kommt für uns nicht in Frage, weil niemand der Mieter/innen in Vorkasse gehen kann“, erklärt Jan K.. Da die von der Bauaufsicht benannte Frist zur Wiederherstellung von Gas und Wasser schon eine Woche verstrichen ist, kündigte der Neuköllner Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung Jochen Biedermann eine Ersatzvornahme an. Das Bauamt könnte dann eine Firma mit der Reparatur der Gas- und Wasserleitungen beauftragen und die Kosten beim Vermieter eintreiben. Bisher ist es aber bei Ankündigungen geblieben.

CDU fordert Abriss des Hauses
Die Karl-Marx-Straße 179 wird am 21.März auch die BVV Neukölln befassen. Allerdings nicht, weil dort drei Woche Gas und Wasser abgestellt sind. Die CDU hat einen Antrag mit dem Titel „Wohnungsbau blockiert“ gestellt. Darin fordert sie das Bezirksamt auf, sich dafür  einsetzen, dass das Grundstück Karl-Marx-Straße 179 mit 40 neuen Wohnungen bebaut werden kann, „die notwendigen Abrissgenehmigungen für diese Fläche zu erteilen und die Blockade der Erschließungsmöglichkeiten für diese Baustelle aufzugeben.“ Dass in dem Haus noch Mieter/innen wohnen, wird in dem Antrag mit keinem Wort erwähnt. Während sie seit 3 Wochen in ihren Wohnungen frieren, geriert sich die CDU als Sprachrohr der Eigentümer.  

Peter Nowak

 

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