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MieterEcho online – 8.11.2010

Frau Künast erklärt ihre Kandidatur

 

Eine Stadt für alle soll es werden. Das freut jeden. Alle sollen an einem Strang ziehen, alle sitzen in einem Boot: eine richtige Volksgemeinschaft soll es sein. Aber anders als das klassische Vorbild soll die grüne Volksgemeinschaft nicht ausgrenzen. Im Gegenteil, alle sind willkommen , alle sollen integriert werden und dazu bedarf es nur des richtigen Willens und den hat sie: die Eine für alle.

Wer sich durch die lang erwartete, fast einstündige Ankündigungsrede gequält hat, wusste zwar hinterher nicht so recht, was sie eigentlich wollte, hatte aber auf die Frage, warum sie denn so lange geschwiegen hat, die Antwort: Sie hat einfach nichts zu sagen. Tier- und Klimaschutz, das mögen ihre Stärken sein, aber in Berlin, einer Stadt, in der die sozialen Polarisierungen zur beängstigen Alltagserfahrung werden, eine grüne Wirtschaft zu fordern und ansonsten die heile gemeinschaftliche Welt der Teletubbies als Vision zu verkünden, zeugt von dem schlichten Gemüt der Dame aus Recklinghausen.

Dabei gäbe es genügend Themen: eine vermurkste Stadtplanung, die sich darin gefällt Großprojekte zu entwerfen und irgendwelchen windigen luxemburgischen Investoren hinterherzulaufen, eine Wohnungspolitik von einer Koalition, die wie keine Regierung zuvor und bestimmt auch danach massenhaft öffentliche Wohnungsbestände verscherbelt hat, eine Mietenpolitik, die es geschafft hat, einen entspannten Wohnungsmarkt durch absolute Untätigkeit in einen Markt der Wohnungsknappheit zu überführen, eine Sozialpolitik, die öffentlich Leistungen dem Markt überantwortet und eine Schulpolitik, die durch die Aufhebung der Gebietsbindung den Privatschulen und damit der fundamentalen sozialen Polarisierung den Boden bereitet hat. Das alles und noch viel mehr ist der Frau Künast keine Bemerkung wert.

Gentrifizierung findet sie nicht gut, hat sie in einem Nebensatz mitgeteilt. Sie als personifizierte Mittelschichtlerin, Spitzenkandidatin der Mittelschichtspartei par excellence mag es nicht, wenn bestimmte Bezirke von den Mittelschichtlern komplett übernommen werden. Auweia, wie selbstkritisch! Wenn sie so dreist weitermacht, wird ihre Klientel in Prenzlauer Berg, dadurch verschreckt, sich am Ende gänzlich der FDP in die Arme werfen.

Die Dame sollte das machen, womit sie zehn Monate lang gut gefahren ist: Schweigen. Dann hat sie eine reale Chance, den müden alternden Partylöwen Wowereit abzulösen. Vielleicht findet sich in ihrem Umfeld sogar jemand, der ihre politischen Mängel kompensiert.
 

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