Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter

MieterEcho online 13.10.2017

Senat will Vermietung für 60 Tage im Jahr legalisieren

Ca. 50 Interessierte folgten am Donnerstag einer Einladung der Bezirksgruppe Schöneberg der Berliner Mietergemeinschaft zu einer Diskussionsveranstaltung über die Zweckentfremdung von Wohnraum in Berlin. Ein drängendes Thema, denn mehr als zwei Jahre nach Inkrafttreten des Zweckentfremdungsverbotsgesetzes ist deutlich, dass der Missbrauch von Wohnraum durch Vermietung an Feriengäste kaum eingedämmt werden konnte. Viele Anbieter und die großen Vermittlungsportale wie AirBnB und Wimdu offerieren nach wie vor tausende von Ferienappartments und versuchen alles, das Gesetz durch die Ausnutzung von Lücken - z.B. durch „reguläre“ möblierte Kurzeitvermietungen - zu unterlaufen. Zusätzlichen Rückenwind erhielten sie durch eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes vom April 2017, die vom Senat verfügte Untersagung der gewerblichen Vermietung, wenn sie bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes begonnen hatte, auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorzulegen.

Doch auch jenseits dieses Segments gibt es kaum Fortschritte im Kampf gegen gegen Zweckentfremdung. Die zuständigen Bezirke sehen sich mangels Personal außerstande, die notwendige Kontrolldichte herzustellen und eingeleitete Verfahren zügig zu bearbeiten. Das gilt auch für den den nach wie hohen spekulativen Leerstand, der ebenfalls unter das Zweckentfremdungsverbot fällt. Zudem gibt es bislang keine juristische Handhabe , die Vermittler von Ferienwohnungen zu zwingen, Ort und Eigentümer der angebotenen Objekte offenzulegen. Im Gegenteil: Von Senat fordern sie, unterstützt von der FDP, die Vermietung von Ferienwohnungen an 182 Tagen pro Jahr zu legalisieren.

So weit will die „rot-rot-grüne“ Landesregierung bei der geplanten Novelle des Zweckentfremdungsgesetzes zwar nicht gehen. Bislang geplant ist allerdings eine genehmigungsfreie Vermietung von Wohnraum an Feriengäste für bis zu 60 Tagen im Jahr. Katrin Schmidberger, die wohnungspolitische Sprecherin der Grünen im Abgeordnetenhaus , verteidigte dies unter Hinweis auf „veränderte Lebensrealitäten“ in Städten wie Berlin. Viele Menschen seien darauf angewiesen, gelegentliche auswärtige Aufenthalte durch die zeitweilige Vermietung ihrer Wohnung zu finanzieren und nähmen bei ihren Reisen ähnliche Angebote in Anspruch.

Dem widersprach als Vertreter des MieterEchos dessen Chefredakteur Joachim Oellerich. Es gehe bei der Vermietung von Ferienwohnungen oder anderen Formen der Kurzzeitvermietung nicht um ein quasi gemeinwirtschaftliches „Couch-Sharing“, sondern in erster Linie um mächtige und politisch gut vermetzte globale Marktakteure, die aus Profitinteresse auf eine weitgehende Deregulierung des Wohnungsmarktes drängen und die Schwäche des Senats und der Bezirke bei der Umsetzung des Gesetzes konsequent ausnutzten. Der dramatische Wohnungsmangel in Berlin verschärfe die Situation zusätzlich und es sei auch nicht erkennbar, dass der Senat Anstrengungen unternehme, der Misere durch ein ambitioniertes kommunales Wohnungsbauprogramm entgegen zu wirken.

Hitzig wurde die Diskussion, als ein anwesender Betreiber von drei Ferienwohnungen mehrfach auf sein „Recht“ insistierte, dieses Geschäftsmodell als Grundlage seiner materiellen Existenz betreiben zu dürfen und sich gegen „platte antikapitalistische Rhetorik“ verwahrte. Mehrere Teilnehmer betonten, dass dieses „Recht“ dem Recht der Stadtbewohner auf die Bereitstellung von Wohnraum unterzuordnen sei.

Das Thema Zweckentfremdung durch Ferienwohnungen, möblierte Kurzeitvermietungen, prekäre Wohnformen und auch spekulativen Leerstand bleibt jedenfalls weiter auf der Tagesordnung. Die Berliner MieterGemeinschaft will entsprechende Veranstaltungen in den kommenden Wochen und Monaten auch in anderen Bezirken durchführen, auch in Kooperation mit örtlichen Initiativen.

Rainer Balcerowiak

 

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