Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter

MieterEcho online – 28.09.2011

Dramatische Steigerungen bei Berliner Angebotsmieten

 
Das global agierende Makler- und Immobilien-Berater-Unternehmen Jones Lang LaSalle (JLL) stellt in seinem aktuellen Halbjahresbericht zum Berliner Wohnungsmarkt eine Steigerung der Angebotsmieten1 um 8 % zur Jahresmitte im Vergleich zur Mitte des Vorjahres fest.

Die höchsten Mieten wurden für den Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf festgestellt, mit einem Mittelwert2 von 8,55 Euro nettokalt, gefolgt von Mitte mit 8,25 Euro. Die größten Steigerungen gab es in Mitte (+10,7%), Friedrichshain-Kreuzberg (+9,5%) und Neukölln (+9%).

Die niedrigsten durchschnittlichen Angebotsmieten wurden in Marzahn-Hellersdorf (5,15 Euro) und Spandau (5,65 Euro) festgestellt, die niedrigsten Steigerungen ebenfalls dort (+0,9% und +3,5%).
 

Günstige Wohnungen werden knapp

Im Großbezirk Mitte liegt ein Viertel der angebotenen Wohnungen bereits oberhalb einer Nettokaltmiete von 10 Euro, in Friedrichshain-Kreuzberg gibt es die zweithöchsten Ausschläge nach oben mit 9,60 Euro, oberhalb derer sich ein Viertel des Marktes abspielt.

In Charlottenburg-Wilmersdorf muss für das günstigste Viertel der angebotenen Wohnungen bereits bis zu 6,65 Euro ausgegeben werden. Auch liegt hier Friedrichshain-Kreuzberg auf dem zweiten Platz mit 6,55 Euro nettokalt – drei Viertel der angebotenen Wohnungen liegen dort oberhalb dieses Preises.
 

Rasante Mietsteigerungen im nahezu ganzen Stadtgebiet

Wie sind die Zahlenfluten zu deuten? Offenkundig gehen hohe Preise und hohe Steigerungsraten besonders in den Innenstadtbezirken Hand in Hand. Leider enthält der JLL-Bericht keine kleinteiligeren Daten, mit denen diese Entwicklung genauer hätte untersucht werden können. Es ist zu vermuten, dass mittlerweile alle innerstädtischen und innenstadtnahen Viertel von der Marktentwicklung erfasst wurden, darunter auch Nord-Neukölln, Wedding und Moabit.

In allen Bezirken außer Marzahn-Hellersdorf liegen die Mietsteigerungen weit oberhalb der Inflationsrate. Hier wird die zunehmende Enge auf dem Berliner Wohnungsmarkt deutlich, die nach und nach auf alle Bezirke drückt und das Mietniveau stadtweit nach oben treibt. Im Zuge dieser Entwicklung können Mieter/innen mit geringen Einkommen in immer weniger Bezirken eine bezahlbare Wohnung finden. Dies könnte zu einer Konzentration von Armut, z.B. in Marzahn-Hellersdorf und Spandau, führen.

Die mittlere Steigerung der Angebotsmieten ist doppelt so hoch wie die Steigerung im Berliner Mietspiegel, der die veränderten Bestandsmieten anzeigt. Es ist davon auszugehen, dass die rasant ansteigenden Angebotsmieten den Mietspiegel weiter nach oben treiben und so auch saftige Mietsteigerungen im Bestand ermöglichen werden.
 

Dringend gesucht: Eine Kehrtwende in der Wohnungspolitik

Der Berliner Senat muss der bedrohlichen Entwicklung der steigenden Mieten mit allen Mitteln Einhalt gebieten. Zu den dafür in Frage kommenden Maßnahmen zählen eine ausdrücklich mietpreisdämpfende Geschäftspolitik der kommunalen Wohnungsunternehmen und der Neubau von günstigen Wohnungen, um den Wohnungsmarkt vor allem im unteren Bereich zu entlasten. Die derzeitige Praxis, Mieterhöhungen im Rahmen des Mietspiegels auch im städtischen Wohnungsbestand voll auszuschöpfen, muss dringend beendet werden. Um Mietsteigerungen in ausgewählten Vierteln entgegen zu wirken, kann die Stadt dort gezielt Wohnungen erwerben und Mietpreisbindungen vereinbaren.

Weiterhin sind hilfreiche Maßnahmen angeraten, um Mietsteigerungen im privatwirtschaftlichen Sektor zu erschweren. Hierzu zählen das Verbot der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen sowie der Zweckentfremdung von Wohnraum für gewerbliche Zwecke, auch für Ferienwohnungen. Die Kündigungssperrfrist für Eigenbedarf in Eigentumswohnungen muss auf die bundesrechtlich möglichen 10 Jahre ausgeweitet werden. Milieuschutzsatzungen können, wenn sie ernsthaft umgesetzt werden, Luxusmodernisierungen verhindern und, nach Feststellung eines angespannten Wohnungsmarkts, auch lokale Mietobergrenzen wieder ermöglichen.
 

1 Angebotsmiete meint die Höhe der Mietwohnungsangebote auf dem Wohnungsmarkt.
2 Gemeint ist das arithmetische Mittel. Bei Bezug auf den Median (Zentralwert) ergeben sich andere Werte und Rangfolgen.
 

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