Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 394 / April 2018

Von der „Bad Bank“ zur „Cashcow“

Die landeseigene Immobiliengesellschaft Berlinovo konzentriert sich auf die Vermietung und den Bau möblierter Apartments

Von Rainer Balcerowiak

Wenn es in Berlin um landeseigene Wohnungsbestände geht, ist stets von sechs Gesellschaften die Rede. Degewo, Gesobau, Gewobag, Howoge, Stadt und Land und WBM verwalten rund 300.000 Wohnungen und sind unter anderem durch das „Mietenbündnis“ und die Zielvorgaben für den Wohnungsbau eng mit der Wohnungspolitik des Berliner Senats verflochten. Weniger im Rampenlicht steht eine siebte Gesellschaft: die Berlinovo.            

 

Die Berlinovo entstand 2012 als Nachfolgerin der Berliner Immobilien Holding (BIH), die 2006 als eine Art „Bad Bank“ infolge des Berliner Bankenskandals den Bestand und die Risiken aus den zahlreichen Immobilienfonds übernahm, die aufgrund von Wertabschreibungen und irrwitzigen Garantierenditen zu einem Milliardengrab zu werden drohten. Zur Neugründung gehörte auch die Verschmelzung mit der Atira Immobilien-Verwaltungsgesellschaft mbH, auf die zuvor das Immobiliengeschäft der Arwobau GmbH übertragen worden war. Noch heute managt Berlinovo das Portfolio von 24 Immobilienfonds, die sich derzeit zu rund 99,5% im Eigentum des Landes befinden. Zum Bestand gehören neben Gewerbeobjekten 17.400 reguläre Wohneinheiten und gut 6.700 möblierte Apartments und Suiten in 32 Anlagen. Für letztere wurde eine Tochtergesellschaft gegründet, die „Berlinovo Apartment GmbH“.

Aus der „Bad Bank“ mit Schrottimmobilien ist längst eine „Cashcow“ für das Land Berlin geworden. Von Objekten außerhalb Berlins hat man sich weitgehend getrennt und 2016 wurde ein Jahresüberschuss von 380 Millionen Euro erzielt. Investiert wird aber nicht in die Schaffung „normaler“ Wohnungen, sondern vor allem in weitere möblierte Apartments für Senior/innen und Studierende. Für letztere ist ein Neubau in einer Größenordnung von 2.800 neuen Einheiten bis 2020 vorgesehen.     

                            

Kein regulärer Wohnraum               

Im Bereich möblierte Apartments hat die Berlinovo eine neue Marke geschaffen. „EasyLiving“ bietet das an, „was Ein- und Aufsteiger wünschen: unkomplizierte Anmietung, monatlicher Komplettpreis inklusive aller Nebenkosten und mit kurzen Wegen zu Uni, Hoch- oder Berufsschule“. Zwar liegen die Inklusivmieten deutlich unter denen einschlägiger privater Anbieter wie „Medici Living“ oder „House of Nations“, doch mit 350 bis 600 Euro auch über dem Budget vieler Studierender. Vermietet werden diese Apartments mit einem Aufpreis in einigen Anlagen aber auch an Menschen, die auf dem Wohnungsmarkt keine reguläre Wohnung finden.

Zwar betont ein Unternehmenssprecher auf Nachfrage des MieterEchos, dass eine Zweckentfremdung durch Weitergabe dieser Apartments an Touristen und andere Kurzzeitgäste mietvertraglich ausgeschlossen sei, aber man könne das natürlich „nicht in jedem Einzelfall lückenlos kontrollieren“. Allerdings gibt es bei diesen Wohnungen eine spezielle Form der Kurzzeitvermietung. Die im Prinzip unbefristeten Mietverträge können bereits am Tag des Vertragsbeginns zum jeweiligen Monatsende gekündigt werden. Die Fluktuation sei angesichts der prekären Lage auf dem Berliner Wohnungsmarkt aber deutlich gesunken und die durchschnittliche Mietdauer entsprechend gestiegen, so der Sprecher.

Seit einiger Zeit gibt es auch eine Edel-Marke namens „Central Home“, die acht Anlagen umfasst, größtenteils in Berlin-Mitte. Eine 2-Zimmer-Suite mit 68 m² Wohnfläche auf der Fischerinsel kostet dann knapp 1.500 Euro pro Monat inklusive zweitem TV-Gerät und Hosenbügler. Gerade für Führungskräfte und Geschäftsleute sei dies eine „gute Alternative zum Hotel“, so der Sprecher.

Da es sich nicht um zweckentfremdete Mietwohnungen, sondern um von vornherein für diesen Zweck genutzte Immobilien handelt, ist das alles legal. Dennoch bleibt anzumerken, dass die gesamte Geschäftspolitik dieser landeseigenen Gesellschaft eben nicht darauf ausgerichtet ist, auf den immer knapper werdenden Liegenschaften dringend benötigten, regulären Wohnraum besonders im unteren Preissegment zu schaffen.

 

Cashcow (Geldkuh, Goldesel oder Melkkuh) ist ein aus der Portfolioanalyse stammender Anglizismus für Produkte, Dienstleistungen oder Bereiche, die Unternehmen hohen Gewinn bringen.

 

 


MieterEcho 394 / April 2018

Schlüsselbegriffe: Bad Bank, Cashcow, Berlinovo, landeseigene Wohnungsbestände, Mietenbündnis, Bankenskandal, Inklusivmieten, Zweckentfremdung, Berliner Wohnungsmarkt,Portfolioanalyse

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