Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 396 / Juni 2018

Öffentlich bauen statt Private fördern

Die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik plädiert für neuen kommunalen Wohnungsbau

Von Sebastian Gerhardt (Memo-Gruppe)

Während Hunderttausende bezahlbare Wohnungen fehlen, übt sich die Bundespolitik in der Wiederauflage alter Programme wie Eigentums-förderung (Baukindergeld) und „sozialer Wohnungsbau“, ergänzt um eine „Mietpreisbremse“, die nicht bremst. Wirklich überraschen kann das nicht.


Die Parteien der Großen Koalition können sich unter „Politik“ nur eine Fortschreibung der marktkonformen Fürsorge für das Kapital vorstellen, wie sie in den letzten 20 Jahren die deutsche Sozial- und Wohnungspolitik geprägt hat. Zwar wird der Wohnungsmangel in Großstädten und Ballungsräumen nicht mehr offen geleugnet und es ist auch nicht karrierefördernd, sich als Politiker/in mit herzlosen Bemerkungen über die Wohnungsnot in der Öffentlichkeit erwischen zu lassen. Da aber leider die Bodenpreise so hoch sind und das Bauen so teuer, werden die normalen Leute eben doch verdrängt. So ist der Markt. Keine Alternative nirgends? Seit 1975 legt die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik, auch Memorandum- oder kurz Memo-Gruppe genannt, unermüdlich Analysen und Vorschläge zur wirtschaftlichen Entwicklung der Bundesrepublik vor. Mit ihren meist links-keynesianischen Positionen kommt sie hin und wieder im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu Wort und wird von Gewerkschaften gehört. Jährlich vorm 1. Mai stellt sie ihre zentrale Veröffentlichung vor, das „Memorandum“, ein Jahresgutachten als Gegenentwurf zu den Veröffentlichungen der sogenannten Wirtschaftsweisen. Im Memorandum hält die Gruppe jedes Jahr daran fest, dass Reformen nicht zur Verschlechterung der Lebensverhältnisse führen sollen. Vielmehr müssen unter sozialen „Reformen“ nicht nur eine „Rettung des Kapitalismus vor sich selbst“, sondern auch erste Schritte auf einem Weg zu einer menschenfreundlichen Gesellschaft verstanden werden.

 

Neubau gegen Wohnungsmangel

Das Memorandum 2018 erschien unter dem Titel „Der Preis der schwarzen Null. Verteilungsdefizite und Versorgungslücken“. Es enthält ein ausführliches Kapitel über die Entstehung des Wohnungsmangels, über die Ursachen der hohen Mieten und über die Bodenspekulation. Das Kapitel schließt mit einem Vorschlag für eine alternative Wohnungspolitik: Öffentliche Gelder sollen in den kommunalen Wohnungsunternehmen zum Neubau guter Wohnungen eingesetzt werden. Diese Wohnungen sollen dauerhaft in öffentlichem Eigentum und damit einer demokratischen Kontrolle zugänglich bleiben. Es geht um Wohnungsneubau, weil nur durch eine ausreichende Versorgung dem Wohnungsmangel begegnet werden kann. Es geht auch um den Ausbau des Sozialstaats statt seines neoliberalen Umbaus hin zu einer bloßen Armenbetreuung. Und es geht um viel Geld, denn der Bau guter Wohnungen ist nicht billig, auch wenn eine moderne Wohnungsbaupolitik entsprechende Kapazitäten in der Bauindustrie ermöglichen würde. Ein Sofortprogramm für 100.000 Wohnungen bundesweit pro Jahr würde jährlich etwa 18 Milliarden Euro kosten. Zum Vergleich: Die Kosten der Unterkunft für ALG-II- und Grundsicherungsbeziehende im Jahr 2016 betrugen 16 Milliarden Euro, für Wohngeld wurden 1,1 Milliarden Euro ausgegeben. Eine Investitionssteuerung in der Wohnungspolitik kann nicht im luftleeren Raum existieren, sondern muss unterfüttert sein. Die Frage ist aber nicht mehr, „ob es geht“, denn diese Frage ist durch das Memorandum beantwortet.

Die von der Berliner MieterGemeinschaft ins Leben gerufene „Initiative für einen neuen kommunalen Wohnungsbau“ (INKW) entwickelte die Idee, dass kommunale Wohnungsunternehmen mit öffentlichen Geldern bezahlbare, gute und dauerhaft in öffentlichem Eigentum bleibende Wohnungen bauen sollen. Die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik griff diese Idee auf. Unter Berücksichtigung der Ökonomie des Bodenpreises, der Grenzen einer „neuen Gemeinnützigkeit“, der Preisentwicklung im Baugewerbe sowie der Finanzierungsmöglichkeiten wurde im Memorandum ein Konzept auf Bundesebene entwickelt. Seine Umsetzung würde zeigen, wer gute Wohnungen für alle wirklich will.

 

Weitere Informationen:

www.alternative-wirtschaftspolitik.de

www.inkw-berlin.de


MieterEcho 396 / Juni 2018

Schlüsselbegriffe: kommunaler Wohnungsbau, Eigentumsförderung, Baukindergeld, sozialer Wohnungsbau, Mietpreisbremse, Neubau, Wohnungsmangel, oööfentlich bauen, INKW, Initiative, kommunale Wohnungsunternehmen, Berlin

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