Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 380 / April 2016

Mietzuschuss mit Startproblemen

Seit Jahresbeginn haben Mieter/innen im Sozialen Wohnungsbau Anspruch auf einen einkommensabhängigen Mietzuschuss, doch mit der Umsetzung hapert es bislang gewaltig

Von Christian Schröder

Seit dem 1. Januar 2016 ist das Wohnraumversorgungsgesetz in Kraft – als Reaktion des rot-schwarzen Senats auf den Mobilisierungserfolg des Mietenvolksentscheids. Seitdem können Mieter/innen einen einkommensabhängigen Mietzuschuss von bis zu 2,50 Euro/qm beantragen. Dadurch sollen Mieter/innen in Sozialwohnungen entlastet werden, die in Berlin aufgrund des früheren Fördersystems besonders teuer sind.                      

                                   
Mieter/innen im Sozialen Wohnungsbau sollen höchstens 30% ihres anrechenbaren Einkommens für die Nettokaltmiete (ohne Betriebskosten) aufwenden müssen, wenn ihre Mietbelastung höher ist. Bei Wohngebäuden in schlechtem energetischen Zustand kann diese Quote auf bis zu 25% sinken. Weitere Voraussetzungen sind, dass die Mieter/innen in einer Sozialwohnung des Ersten Förderwegs wohnen und ihr anrechenbares Einkommen innerhalb der Grenzen für den Berliner Wohnberechtigungsschein liegt. Ihre Wohnfläche darf bestimmte Angemessenheitsgrenzen nicht überschreiten. Als „zulässige“ Wohnungsgröße gilt: Ein 1-Personen-Haushalt darf in einer bis zu 50 qm großen Wohnung leben, für einen 2-Personen-Haushalt gelten 65 qm, einen 3-Personen-Haushalt 75 qm und einen 4-Personen-Haushalt 85 qm. Der Mietzuschuss wird für ein Jahr gewährt und muss dann neu beantragt werden.        
Seit 1952 wurden rund 430.000 Sozialwohnungen in Berlin im Ersten Förderweg gebaut. Aktuell wohnen rund 118.000 Haushalte in den noch gebundenen Sozialmietwohnungen. Nach Schätzungen des Senats haben davon rund 26.000 Haushalte, also etwa 22%, Anspruch auf Mietzuschuss. Der Senat rechnet für 2016 mit Kosten von rund 40 Millionen Euro – inklusive Bearbeitungsgebühren. Bis 2020 geht er von einem Anstieg der Kosten auf rund 44 Millionen Euro pro Jahr aus.          

                             

Abwicklung ausgelagert                

Was Berliner Sozialwohnungsmieter/innen entlasten soll, bereitet in der Praxis zahlreiche Probleme. Ziel des Senats war es, erste Mietzuschüsse im März 2016 auszuzahlen. Doch danach sieht es bislang nicht aus. Aufgrund der Personalknappheit in Senats- und Bezirksverwaltungen hat der Senat den externen Dienstleister ZGS Consult GmbH damit beauftragt, den Mietzuschuss abzuwickeln. Das Unternehmen nahm jedoch erst am 4. Januar die Arbeit auf. Entgegen der Zusage von Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) in der Plenarsitzung vom 26. November 2015 wird der Mietzuschuss zudem erst ab Beginn des Monats gezahlt, in dem ein vollständiger Antrag vorliegt. Üblich ist bei anderen Sozialleistungen der Zeitpunkt der Antragstellung. Unklar ist zudem, wie Mieter/innen überhaupt davon erfahren, dass sie in einer Sozialwohnung wohnen, die im Rahmen des Ersten Förderwegs gefördert wurde. Im Mietvertrag steht es nicht. Auch für Mieter/innen, die bislang (ergänzende) Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II (Hartz IV) beziehen, ändert sich einiges. Denn Hartz IV erhält nur, wer keinen Anspruch auf vorrangige Sozialleistungen wie etwa Wohngeld, Kinderzuschlag, Renten, Unterhaltsvorschüsse, Ausbildungsförderung, Krankengeld oder eben auch den Berliner Mietzuschuss hat. Die Jobcenter sind sogar berechtigt, Leistungsberechtigte zur Beantragung der vorrangigen Leistung aufzufordern oder solche Anträge für sie zu stellen, sollten sie sich weigern. Zahlreiche Berliner Sozialmieter/innen dürften dadurch künftig aus dem Hartz-IV-Leistungsbezug herausfallen. Wie viele dies betrifft, ist bislang unklar. Zudem sind die Mitarbeiter/innen in den Jobcentern bisher völlig überfordert, diesen Anspruch zu berechnen – sofern sie überhaupt wissen, dass es diese Leistung gibt. Der Senat hat es bislang versäumt, den Sachbearbeiter/innen in den Jobcentern entsprechende Arbeits- und Rechenhilfen bereitzustellen oder sie gar fortzubilden.                            

 

Mieter/innen richten Fragen und Anträge zum Mietzuschuss an:

zgs consult GmbH

Antragscenter Mietzuschuss

Brückenstraße 5

10179 Berlin

Telefon: 030-28409302

E-Mail: post@mietzuschuss-berlin.de

Infos unter: www.mietzuschuss-berlin.de

 


MieterEcho 380 / April 2016

Schlüsselbegriffe: Wohnraumversorgungsgesetz, Mietenvolksentscheid, Sozialen Wohnungsbau, Angemessenheitsgrenzen, Sozialwohnung, Wohnberechtigungsschein, Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel, Hartz IV

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