Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 373 / März 2015

Falsche Planung, falsche Freunde

Für die Aufklärung der aus dem Ruder gelaufenen Sanierung der
Staatsoper Unter den Linden soll ein Untersuchungsausschuss sorgen

Von Benedict Ugarte Chacón                                

Die Staatsoper wurde im Jahr 1742 in Betrieb genommen und seitdem mehrfach umgestaltet. Nach schweren Beschädigungen im Zweiten Weltkrieg erfolgte der Wiederaufbau in den 50er Jahren nach den Plänen des Architekten Richard Paulick. Nach der Jahrtausendwende setzen erste Überlegungen zu einer Generalsanierung des Opernhauses ein, zu groß waren die angefallenen Sanierungsrückstände. Mit den Maßnahmen wurde 2010 begonnen und der Spielbetrieb ins Charlottenburger Schillertheater verlagert. Die Fertigstellung verzögerte sich in den letzten Jahren mehrmals. Mittlerweile spricht der Senat von einer Wiedereröffnung im Herbst 2017.        

                                    

Geplant waren ursprünglich Kosten in Höhe von 239 Millionen Euro, welche sich mittlerweile auf rund 400 Millionen Euro fast verdoppelt haben. Ein Teil der Summe wird vom Bund getragen. Dessen Beteiligung wurde per Hauptstadtfinanzierungsvertrag von 2007 auf 200 Millionen Euro begrenzt. Für die Mehrkosten muss demnach das Land Berlin aufkommen. Wie es zu den Kostensteigerungen und Terminverschiebungen kommen konnte, soll nun ein Untersuchungsausschuss des Abgeordnetenhauses aufklären. Einen entsprechenden Antrag brachten die Fraktionen von Linke, Piraten und Grünen Mitte Februar ins Parlament ein. Eine Prämisse bei der Planung der Sanierung, die sich im Nachhinein als fatal erweist, war die möglichst schnelle Rückverlagerung des Spielbetriebs in das Operngebäude. „Alle Beteiligten waren darüber informiert, dass der Bauablaufplan keine Puffer enthält und alle unvorhergesehenen Ereignisse sich direkt auf den Endtermin auswirken würden“, heißt es in einer Antwort der Senatsbaudirektorin Regula Lüscher auf eine parlamentarische Anfrage. Diese Herangehensweise erscheint mehr als fragwürdig. Dass bei einem mehrfach sanierten, nach Bränden und Kriegsschäden wiederaufgebauten Gebäude im Lauf einer weiteren Sanierung sehr wohl Unvorhergesehenes auftreten kann, liegt nahe. Es drängt sich der Verdacht auf, dass die ursprüngliche Planung  –  auf wessen Weisung auch immer – bewusst kostengünstiger dargestellt wurde, als es angemessen gewesen wäre.                            

Nicht eingelöste Versprechungen    

Eine merkwürdige Rolle spielt der Verein „Freunde und Förderer der Staatsoper Unter den Linden“. Dessen damaliger Vorsitzender, der mittlerweile verstorbene Unternehmer Peter Dussmann, trug 2005 bei einer Ringvorlesung der Freien Universität die Haltung des Vereins zur Sanierung vor. So habe man beschlossen, 30 Millionen Euro „aus privaten Mitteln“  bereitzustellen. Hierzu wolle man „möglichst viele zinsfreie Kredite aufnehmen“. Doch ähnlich wie beim Bau des Stadtschlosses folgten den großen Ankündigungen nur vergleichsweise kleine Summen. Bisher hat der Verein lediglich 2,5 Millionen Euro beisteuern können, weitere 1,6 Millionen Euro sollen Ende 2016 überwiesen werden. Auf eine parlamentarische Anfrage der Piraten antwortete der Senat, dass die Opernfreunde zwar 2008 und 2009 „mögliche Zuwendungen“ in Höhe von 30 Millionen Euro „in Aussicht gestellt“, jedoch nicht verbindlich zugesagt hätten. Nach Angaben des Vereins sei das Geld nicht zusammengekommen, da „die Möglichkeit der Mitteleinwerbung über Großplakat-Werbung (...) aus bauordnungsrechtlichen Gründen nicht mehr bestünde“. Von zinslosen Krediten, die man einsammeln wolle, ist beim Förderverein demnach keine Rede mehr. Ob die ursprüngliche Ankündigung wirklich ernst gemeint war, ist bislang eine offene Frage. Nichtsdestotrotz brachte sich der Verein vehement in die Diskussion über die Sanierung ein. So drohte im Jahr 2008 Dussmann, dass im Fall der Umsetzung des Entwurfs des Architekten Klaus Roth – der den damals ausgeschriebenen Wettbewerb gewonnen hatte – die Zusage von 30 Millionen Euro zurückgezogen werde. Roths Variante war den Opernfreunden zu „modernistisch“. In der Tat wurden die Pläne nicht umgesetzt. Auch die Rolle des Fördervereins wird Gegenstand des Untersuchungsausschusses sein.         

 

 


MieterEcho 373 / März 2015

Schlüsselbegriffe: Staatsoper Unter den Linden, Sanierung, Hauptstadtfinanzierungsvertrag, Kostensteigerungen, Freunde und Förderer der Staatsoper Unter den Linden, Dussmann, Untersuchungsausschuss

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