Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 367 / Mai 2014

Berliner Immobilienboom füllt Bundeskassen

Bundesliegenschaften kommen weiter zum Höchstpreis unter den Hammer

Von Jutta Blume                                        

Die Änderung der Berliner Liegenschaftspolitik ist ein zäher Prozess. In der Vergangenheit verkaufte der Liegenschaftsfonds meist ohne Rücksicht auf die geplante Nutzung zum Höchstpreis, bis der rot-schwarze Senat im Koalitionsvertrag eine Neuausrichtung der Liegenschaftspolitik vereinbarte (MieterEcho Nr. 353/ März 2012). In kleinen Schritten geht es voran, Ende März beschloss der Senat, einen Portfolioausschuss einzusetzen, der die Immobilien des Landes bewerten und in verschiedene Kategorien einteilen soll. Ein Teil der Grundstücke soll dann im Rahmen „konzeptorientierter Entwicklungsverfahren“ vermarktet werden.

                        

In Berlin verkauft die öffentliche Hand ihre Grundstücke nicht nur durch den Liegenschaftsfonds. Etliche Grundstücke und Immobilien befinden sich im Eigentum der Bundesrepublik und werden seit 2005 durch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) bewirtschaftet. In den Aufgabenbereich dieser Behörde fällt auch der Verkauf der für Bundeszwecke nicht mehr benötigten Liegenschaften. Jährlich werden bundesweit 2.000 bis 3.000 Objekte vermarktet. Ein großer Teil davon sind ehemalige Militärflächen, die nach dem Abzug der ehemaligen Alliierten nicht mehr genutzt werden. In Berlin verzeichnet die Bima 189 Verkäufe im Jahr 2012 und 83 im Jahr 2013. Zu den daraus erzielten Einnahmen will die Behörde aus Datenschutzgründen keine Auskunft erteilen.      

Die Liegenschaftspolitik des Berliner Senats hat keinen Einfluss auf die Verkäufe der Bima, da diese dem Bundesfinanzministerium untersteht. Die Bima habe den gesetzlichen Auftrag, nicht betriebsnotwendiges Vermögen wirtschaftlich zu veräußern, so ihr Pressesprecher Thorsten Grützner. „Sie ist dabei an die Vorschriften der Bundeshaushaltsordnung gebunden und darf Immobilien nur zu ihrem vollen Wert verkaufen.“ Allerdings liegt das Höchstgebot in einigen Fällen auch über dem ermittelten Verkehrswert, wie zwei umstrittene Verkäufe in Friedrichshain-Kreuzberg zeigen.        

                            

Baugrundstücke und Mietshäuser    

In einer Verkaufsbroschüre präsentiert die Bima auf ihrer Website neun Objekte, die 2013/2014 in Berlin zum Kauf angeboten werden, darunter Baugrundstücke in der Innenstadt, die angesichts des Baubooms einige Millionen in den Bundeshaushalt spülen dürften. Dazu zählen ein über 16.000 qm großes Grundstück auf dem ehemaligen Mauerstreifen an der Alexandrinenstraße in Mitte, das sich für eine Wohnbebauung eignet. Auch das für den Abriss vorgesehene „Haus der Statistik“ am Alexanderplatz sowie das Grundstück des ehemaligen Bauministeriums der DDR an der Breite Straße sind im Angebot. Letzteres befindet sich nur zu zwei Dritteln in Bundesbesitz, ein Drittel gehört dem Land Berlin. Der Verkauf wird trotzdem unter der Federführung der Bima zum Höchstgebot stattfinden. Explizit auf das Luxussegment zielt die Beschreibung eines weiteren Grundstücks mit 667 qm Fläche an der Niederwallstraße 3-5: „Die Baulücke ermöglicht den Bau eines exklusiven und luxuriösen Objektes in einer einmalig zentralen Lage.“ Der Bodenrichtwert für dieses Grundstück wird mit 4.000 Euro/qm angegeben.         

Doch nicht nur Baugrundstücke, sondern auch bewohnte Mietshäuser befinden sich im Portfolio der Bima. Zum Verkauf stehen ein Mehrfamilienhaus mit zehn Wohnungen am Teltower Damm in Zehlendorf und sieben Mehrfamilienhäuser mit insgesamt 84 Wohnungen in der Londoner Straße und der Themsestraße im Wedding. Bei diesen handelt es sich um aus den 60er Jahren stammende Bauten der französischen Alliierten. Auch im Angebot sind drei Mehrfamilienhäuser mit insgesamt 48 Wohnungen und zehn Gewerbeeinheiten an der Großgörschenstraße/ Ecke Katzlerstraße in Schöneberg. Die Mietshäuser sollen ebenfalls zum Höchstpreis verkauft werden. Die Bewohner/innen der drei Schöneberger Häuser haben bereits Befürchtungen geäußert, dass ein potenzieller Investor die Häuser luxussanieren würde. Genehmigungspflichtig wäre eine Luxusmodernisierung bisher nicht, da eine Erhaltungssatzung für das Gebiet gerade erst in der Diskussion, aber noch nicht beschlossen ist. Die Stadträtin für Stadtentwicklung, Sybill Klotz (B90/Grüne), äußerte zwar der Berliner Woche gegenüber Bedenken über den geplanten Verkauf, befürchtet aber, dass die Einflussmöglichkeiten des Bezirks gering sein werden. Auf ein Vorkaufsrecht könne der Bezirk nur drängen, wenn eine Erhaltungssatzung bereits existiert. Nach Angaben der Bima fänden auch Gespräche mit einer Berliner Wohnungsbaugesellschaft statt. „Die betroffenen Mieter werden wie üblich rechtzeitig über einen möglichen Verkauf unterrichtet“, so Grützner.    

                            

Kaum Einflussmöglichkeiten der Bezirke                

Auch der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg zeigt sich wenig begeistert von den Verkäufen der Bima. Bekannt geworden ist der inzwischen in der Rückabwicklung befindliche Verkauf des sogenannten „Dragonerareals“ hinter dem Finanzamt. Neben den ehemaligen Kasernen- und Stallgebäuden, die heute vor allem von Kleingewerbetreibenden genutzt werden, bietet das knapp fünf Hektar große Grundstück Platz für eine ergänzende Bebauung. Die Hamburger Projektentwickler ABR German Real Estate planten unter anderem die Errichtung von 700 Wohnungen auf dem Gelände und erhielten für 22 Millionen Euro den Zuschlag. Die Bima muss den Verkauf nun rückabwickeln, da die ABR German Real Estate den Kaufpreis nicht hinterlegte. Hintergrund für die Flucht aus dem Kaufvertrag waren Differenzen mit dem Bezirk, der über die Schaffung bezahlbarer Wohnungen und über „soziale Bodennutzung“ auf dem Gelände diskutiert. Nach Aussage des Bezirksstadtrats für Stadtentwicklung, Hans Panhoff (B90/Grüne), wollte die ABR German Real Estate angesichts des noch offenen Planungsprozesses nicht sofort den gesamten Kaufpreis hinterlegen. Die Bima lehnte jedoch eine vom Planungsfortschritt abhängige Zahlung ab. Doch auch mit einem neuen Käufer wird sich vermutlich für die Planung wenig ändern. Auf eine mündliche Anfrage von Bündnis 90/ Die Grünen antwortete Panhoff: „Die Bima wird nach deren Aussage das Grundstück zu etwa demselben Preis wie der German Real Estate verkaufen, sofern nicht das Land Berlin selbst oder seine städtischen Wohnungsbaugesellschaften kaufen wird. Bei einer neuerlichen Ausschreibung ist damit zu rechnen, dass wiederum das Höchstpreisverfahren zum Tragen kommt, was in der Folge die Verhandlungsspielräume des Bezirks entsprechend einengen dürfte.“                                    

 

Verfahrensänderung nötig        

Ein zweites Grundstück, auf dessen Entwicklung der Bezirk gern mehr Einfluss nehmen würde, ist ein über 10.000 qm großes Grundstück an der Warschauer Straße/ Ecke Frankfurter Tor, das mit einem sechsstöckigen Bürohaus aus den 70er Jahren bebaut ist. Die Bima möchte die Immobilie an die Cresco Capital Studenthouse Projektentwicklungs GmbH für das Höchstgebot von 15,75 Millionen Euro verkaufen. Einem Bericht der Berliner Zeitung vom 18. März 2014 zufolge plant der luxemburgische Investor hochpreisige Studentenapartments mit Mieten von rund 20 Euro/qm. Rund 280 Apartments sollen im ehemaligen Bürogebäude Platz finden und 160 weitere in zwei Neubauten auf der Rückseite der Bürozeile. Der Verkauf der Bundesimmobilie wurde vor eineinhalb Jahren unter der schwarz-gelben Bundesregierung ausgeschrieben und zwar wie gewöhnlich im Höchstpreisverfahren. Auch die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft WBM hatte sich für die Immobilie interessiert, hätte aber im Bieterverfahren konkurrieren müssen wie alle anderen auch. Ein Vorkaufsrecht für das Land Berlin oder den Bezirk ist bei der Bima nicht vorgesehen. So wurde schließlich ein Preis erzielt, der ein Drittel über dem ermittelten Grundstückswert liegt.    

Abgeordnete der SPD-Bundestagsfraktion wollen nun eine Änderung der Liegenschaftspolitik der Bima in die Diskussion bringen. „Statt des höchsten Preises muss in Zukunft das beste Konzept den Ausschlag für einen Verkauf von Grundstücken geben. Außerdem muss die vergünstigte Abgabe von Flächen an städtische Wohnungsbaugesellschaften auf den Weg gebracht werden, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen“, so die Berliner Abgeordnete Cansel Kiziltepe. Auch die Neuausschreibung des Geländes hinter dem Finanzamt solle im Konzeptbieterverfahren erfolgen. Ein entsprechender Brief an Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Bauministerin Barbara Hendricks (SPD) blieb bislang unbeantwortet.        

 

 


MieterEcho 367 / Mai 2014

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