MieterEcho

MieterEcho 334/Juni 2009

Quadrat BERLIN

Fette Beute am Teute?

Zahlreiche Bauprojekte konkurrieren miteinander auf dem Markt des "gehobenen" Wohnens

Tobias Höpner

Rund um den Teutoburger Platz leben, bedeutet im Prenzlauer Berg wohnen und gleichzeitig eine Postleitzahl von Mitte haben. Da kommt es schon mal vor, dass die Jobcenter von Pankow und Mitte einander die eingereichten Unterlagen hin- und hersenden und man lange warten muss, bis das knapp bemessene Arbeitslosengeld auf dem Konto eintrudelt. Zurzeit sieht es im sogenannten Teutekiez jedoch fast so aus, als könnten den Jobcentern bald ihre "Kund/innen" abhanden kommen. Ein Luxusbauprojekt nach dem nächsten wird angekündigt, während günstige Mietwohnungen seltener werden und ihre Bewohner/innen zunehmend unter Druck geraten.

Nach anderen großen Bauprojekten in der Nähe (Marthashof, Kollebelle, Fehrbelliner) wurden im vorigen Jahr die "Choriner Höfe" angekündigt. Rund 130 Eigentumswohnungen sollen gegenüber der John-Lennon-Schule gebaut werden. Kosten: 2400 bis 5500 Euro/qm. Der Durchschnittspreis für Eigentumswohnungen in Berlin liegt bei 1540 Euro/qm. Nur hundert Meter weiter, zwischen Torstraße und Zehdenicker Straße, sollen gleich zwei größere Projekte luxusmodernisiert werden, darunter Berlins ältestes noch erhaltenes Zeugnis gemeinnütziger Wohnungswirtschaft: die "Kleine Bremer Höhe", erbaut ab 1850 von der Berliner Gemeinnützigen Baugesellschaft. Von 80 Wohnungen sind zurzeit noch elf bewohnt - das ist das Ergebnis einer jahrelangen intensiven Entmietungsstrategie, von der die verbliebenen Bewohner/innen schaurige Geschichten erzählen können. Nun hat dort die Scheunenviertel Karree GmbH einen Antrag auf Baugenehmigung eingereicht, der unter anderem zahlreiche Wohnungszusammenlegungen, den Ausbau der Dachgeschosse, den Bau von innenliegenden Aufzügen (bei nur vier Stockwerken!) sowie einer Tiefgarage im Hof enthält. Mit der Hausverwaltung wurde die Berlin-Residential beauftragt, ein Unternehmen, das ganz offen "Mieterhöhungsmanagement" und "Entmietungsmaßnahmen" zu seinem Leistungsprofil zählt. Auf einer Mieterversammlung kündigten die Betroffenen an, für ihre jetzigen Wohnungen und Mietkonditionen zu kämpfen.

Vermietete Wohnungen zum Kauf angeboten

Gleich nebenan hat die Goldmann-Gruppe vier bereits vollständig entmietete Gebäude erworben. Sonntags lädt sie ins "Tor-Quartier" zum Erwerb von Eigentumswohnungen für 2500 bis 3600 Euro/qm. Die umfassende Modernisierung wird vermutlich erst beginnen, wenn die Profi-Partner AG genügend Wohnungen verkauft hat. Wer gezielt im Kiez eine Wohnung sucht, wird gleich auf ein anderes Projekt hingewiesen, das die Profi-Partner AG in Eigenregie durchführt: die Christinenstraße 33. Hier war im letzten Jahr eine Übernahme durch die Genossenschaft Bremer Höhe gescheitert (MieterEcho Nr. 330/ Oktober 2008 berichtete). Jetzt werden die Wohnungen für 3000 bis 3500 Euro/qm verkauft.

In derselben Straße werden weitere Modernisierungen und Umwandlungen in Eigentumswohnungen vorangetrieben. Während in der Christinenstraße 5 die Eigentümer schon einmal ohne Genehmigung mit dem Bau begonnen hatten, sodass die Bauaufsicht einschritt, werden durch die Häuser Christinenstraße 16/17 allerhand Kaufinteressierte geführt. Delikat in diesem Fall: Vor gut zwei Jahren wurden Modernisierungsvereinbarungen mit den verbliebenen Mieter/innen abgeschlossen und sieben von ihnen zogen in Zwischenumsetzwohnungen um. Sie verfügen also über gültige Mietverträge für Wohnungen, die nun verkauft werden. Zunächst hätten die Wohnungen diesen Mieter/innen angeboten werden müssen, was nicht geschah. Außerdem ist es zweifelhaft, ob die Kaufinteressenten über die bestehenden Mietverträge informiert werden.

Anwohner/innen werden gegen Aufwertung aktiv

Im März gab es am Teutoburger Platz eine erste Kiezaktion gegen die Aufwertung sowie gegen den spekulativen Leerstand, der aus den Entmietungsmaßnahmen mancher Eigentümer resultiert. "Leerstand in Mieterhand" wurde in großen Lettern an das Haus Christinenstraße 17 gemalt.

Derweil sehen Inge und Klaus Hölzer* aus der "Kleinen Bremer Höhe" der Modernisierung ihrer Wohnung gelassen entgegen. In den letzten Jahren seien ihnen oft genug Baumaßnahmen angekündigt worden, ohne dass je etwas geschah. "Wir warten erstmal ab, ob die überhaupt genügend Käufer finden oder wieder auf halbem Weg scheitern."

Die "Choriner Höfe" ließen kürzlich alle Werbebanner erneuern. Gerüchten zufolge soll erst ein kleinerer Teil der Wohnungen über den Ladentisch gegangen sein - vorzugsweise die begehrten obersten Stockwerke. Der angekündigte Fertigstellungstermin im Jahr 2010 erscheint angesichts der Größe des Projekts schon nicht mehr realistisch. Die große Konkurrenz an "gehobenen" Eigentumswohnungen im Viertel könnte für so manches Bauprojekt vorzeitig das Aus bedeuten.

*) Namen von der Redaktion geändert.

Weitere Infos: www.leute-am-teute.de

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