MieterEcho

MieterEcho 333/April 2009

Quadrat MIETRECHT AKTUELL

Vom Trockenwohnen zum Wächterhaus

In Leipzig versucht ein Verein mit unkonventionellen Konzepten Altbaubestände zu retten

Christoph Villinger

Auch 20 Jahre nach der Wende verfallen viele Altbauten in den unattraktiven Lagen ostdeutscher Städte. Zum Beispiel kann zwar Leipzig inzwischen mit 80% sanierten Häusern aufwarten, doch wegen der fehlenden Nachfrage bleibt der Rest unsaniert. Die meist leer stehenden rund 2000 Gebäude aus der Gründerzeit mit etwa 45.000 Wohnungen sind im Straßenbild nicht zu übersehen. Seit dem Jahr 2004 versuchen Haushalten e.V. und die Stadt Leipzig mit dem Modell der Wächterhäuser neue unkonventionelle Wege der Zwischennutzung zu gehen und so viel wie möglich der ungenutzten Bausubstanz zu retten.

„Hüten statt besetzen“, so kann man das Modell des Wächterhauses in wenigen Worten zusammenfassen. Der Verein Haushalten versucht seit 2004, „ratlose Eigentümer“ von ungenutzten Wohnhäusern mit „engagierten, kreativen Nutzern“ zusammenzubringen. Die neuen Nutzer bekommen über den Verein die Nutzungsrechte an einem Haus für fünf Jahre übertragen. Dafür kümmern sie sich um die Instandhaltung des Gebäudes, nehmen „vermeintliche Standortnachteile wie Kohleheizung und Etagen-WC in Kauf“, bezahlen die Betriebskosten und einen Beitrag an den Verein in Höhe von etwa 100 Euro für 100 qm. „Doch je größer die genutzte Fläche ist, desto billiger wird es“, betont Doreen Lasche, Sprecherin vom Haushalten e. V. Auf diese Weise soll die Bildung von Hausgemeinschaften attraktiv gemacht werden. Die Eigentümer müssen sich nur darum kümmern, die meist abgestellten Anschlüsse für z. B. Wasser und Strom wiederherzustellen. Sie dürfen innerhalb dieser fünf Jahre das Haus weiterverkaufen, der Wächtervertrag bleibt aber davon unberührt.

„13 Häuser gibt es inzwischen in Leipzig nach diesem Modell“, berichtet Doreen Lasche weiter. Bei zwei Häusern, in der Kuhturmstraße 4 und in der Demmeringstraße 21, sei es inzwischen gelungen, stabile Hausgemeinschaften zu bilden, „die dann direkte und normale Mietverträge mit dem Eigentümer abgeschlossen haben“, betont Lasche. Besonders soziale, kulturelle und gewerbliche Nutzer mit Ausstrahlung und Anziehungskraft für das Quartier wünscht sich der Verein für die Häuser. „Inzwischen haben wir durch die vielen Medienberichte auch große Resonanz von Eigentümern“, sagt die gelernte Medienwissenschaftlerin, „doch wir wollen uns auf die wirklichen Problemviertel im Westen, Norden und Osten von Leipzig beschränken.“ Denn in dem im Süden liegenden schicken Stadtteil Connewitz regele der Markt die Sanierung von alleine.

Inzwischen wurde das Konzept auch für weitere sächsische Städte wie Chemnitz, Dresden und Görlitz entdeckt, wo jeweils in diesen Monaten die ersten Wächterhäuser entstehen. „Viel hängt davon ab, wie die lokalen Behörden kooperieren“, berichtet Lasche. Und auch im anhaltinischen Halle an der Saale gibt es schon das erste Wächterhaus.

Weitere Infos: www.haushalten.org

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