MieterEcho 329/August 2008: Nachts Baden erlaubt

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MieterEcho 329/August 2008

Quadrat RECHT UND RECHTSPRECHUNG

Nachts Baden erlaubt

Klauseln in Hausordnungen haben vor Gericht nicht immer Bestand

Frank Fitzner

Hausordnungen sollen das reibungslose Zusammenleben der Bewohner/innen eines Hauses regeln. Sie enthalten daher Bestimmungen zur gegenseitigen Rücksichtnahme, zur Erhaltung der allgemeinen Sicherheit und Ordnung sowie Sorgfaltspflichten zum Schutz des Gebäudes. Da die entscheidenden materiellen Regelungen im Mietvertrag und im Gesetz enthalten sind, ist fraglich, ob eine Hausordnung überhaupt nötig ist.

Meistens ist die Hausordnung Bestandteil des Mietvertrags. In diesem Fall kann sie vom Vermieter nicht einseitig geändert werden. Ist keine Hausordnung vertraglich vereinbart, kann der Vermieter auch nachträglich einseitig eine Hausordnung aufstellen.

Eine Hausordnung darf nicht über die im Vertrag oder Gesetz geregelten Rechte und Pflichten von Mieter und Vermieter hinausgehen, sondern nur ausführende Bestimmungen enthalten, etwa zur Nutzung der Gemeinschaftseinrichtungen oder zu Ruhezeiten oder zu den Zeiten, während derer die Haustür abgeschlossen werden soll. Zusätzliche – im Mietvertrag nicht genannte – Pflichten zulasten der Mieter/innen darf sie also nicht begründen. Ist im Mietvertrag z. B. nichts zur Treppenhausreinigung vereinbart, kann der Vermieter nicht nachträglich festlegen, dass die Reinigung von den Mieter/innen durchzuführen ist.

Weil eine Hausordnung das Verhältnis der Hausbewohner untereinander betrifft, wäre nach demokratischen Grundsätzen eigentlich die Hausgemeinschaft berechtigt, ihren Inhalt zu vereinbaren. In der Praxis entscheidet jedoch der Vermieter über die Hausordnung.

Ewiger Streitfall: Lärm

Ein wichtiger Gegenstand ist Lärm bzw. die Regelung von Ruhezeiten. Musizieren auch außerhalb der Ruhezeiten grundsätzlich auf Zimmerlautstärke zu beschränken, kommt einem völligen Verbot gleich, was aber wohl nach überwiegender Ansicht bei einer entsprechenden Vereinbarung zulässig ist. Allerdings muss eine Ausnahme für Berufsmusiker getroffen werden. Das Amtsgericht Frankfurt/ Main hat eine Beschränkung auf 90 Minuten Klavier spielen täglich außerhalb der Ruhezeiten für zulässig erklärt (33 C 1437/96).

Unzulässig ist es, die Benutzung der Wasserinstallationen zeitlich einzuschränken, da es sich hierbei um normale Wohngeräusche handelt. Ein nächtliches Dusch- oder Badeverbot ist daher unwirksam (LG Köln, 1 S 304/96), Dauerduschen in der Nacht (im Streitfall drei Stunden) hält das OLG Düsseldorf (5 Ss 411/ 90) jedoch für übertrieben.

Grillen auf Balkon oder Terrasse

Auch Gerüche können zur Belästigung der Nachbarn führen. Zum Grillen oder Frittieren auf dem Balkon gibt es unterschiedliche Gerichtsentscheidungen. Ist im Mietvertrag ein Grillverbot vereinbart, müssen sich die Mieter/innen daran halten. Aber auch in einer Hausordnung ist nach einer Entscheidung des Landgerichts Essen ein völliges Grillverbot zulässig (10 S 438/01). Vom Amtsgericht Bonn wurde es für zumutbar erklärt, im Sommerhalbjahr einmal pro Monat zu grillen, wenn die Nachbarn 48 Stunden vorher gewarnt werden (6 C 545/96), andere Gerichte halten Grillen lediglich dreimal im Jahr für zulässig.

Zieht durch Grillen mit Holzkohle Qualm in die Nachbarwohnung, stellt das einen Verstoß gegen das Bundes-Immissionsschutzgesetz dar.

Hausflur und Treppenhaus

Hausordnungen regeln auch oft das Abstellen von Gegenständen in den gemeinsam genutzten Räumen. Sofern keine zumutbare andere Abstellmöglichkeit vorhanden ist, dürfen Kinderwagen vorübergehend im Hausflur abgestellt werden, da dies „selbstverständlich, sozialüblich und Element der Zweckbestimmung der Anlage“ sei (OLG Hamm, 15 W 444/00). Das gilt selbst dann, wenn der Zugang eines Bewohners zu seiner Wohnung durch den Kinderwagen nur noch 45 Zentimeter breit ist. Das Amtsgericht Braunschweig hat einer Mutter das Recht zugestanden, ihren Kinderwagen unter den Briefkästen zu parken, da diese einfach erreicht werden könnten, indem man den Wagen beiseite schiebt (121 C 128/00). Auch Gehhilfen für Alte oder Kranke wie Rollatoren dürfen zusammen geklappt im Hausflur stehen gelassen werden (LG Hannover, 20 S 39/05). Fußmatten dürfen nach vorherrschender Auffassung im Flur vor der Wohnungstür liegen (LG Berlin, 63 S 509/89).

Feuergefährliche Stoffe

Untersagt werden kann demgegenüber das Abstellen von Fahrrädern im Hausflur, nicht aber im Hof oder in der eigenen Wohnung, denn von einem Fahrrad geht keine Gefahr aus. Anderes gilt für Mofas, Mopeds oder Motorräder: Diese dürfen nicht mit in die Wohnung, weil sie einen Tank mit feuergefährlichem Treibstoff haben. Für das Parken in Gemeinschaftsräumen ist das Einverständnis des Vermieters erforderlich. Wegen der Gefährdung der Hausbewohner wird bei einem Tank von mehr als fünf Litern in der Regel keine Genehmigung erteilt.

Solche Vorschriften dienen – ebenso wie die Pflicht, die Haustür nachts abzuschließen – der Sicherheit der Hausbewohner. Am 8. August 2005 starben in der Ufnaustraße 8 in Moabit neun Menschen, weil ein Kind mit Papier gezündelt hatte, das die Kinderwagen im Hausflur in Brand setzte. Die Feuerwehr teilte damals mit, dass im Jahr 2005 bis zu diesem Zeitpunkt 33 Kinderwagen und 218 Treppenhäuser brannten. Weil die Brandstifter meistens von außerhalb kommen, rät die Feuerwehr, nachts die Haustür abzuschließen und keine entflammbaren Gegenstände im Hausflur zu lagern.

Kehrwoche in Berlin unüblich

Verpflichtungen, das Treppenhaus zu reinigen oder Schnee und Laub wegzuräumen, haben in Berliner Mehrfamilienhäusern wenig Relevanz, da diese Aufgaben meist Firmen übertragen werden. Die Schneereinigung allein auf die Mieter des Erdgeschosses zu übertragen, ist unzulässig (AG Schwelm, 27 C 32/90). Auch in einer Hausordnung muss der Gleichbehandlungsgrundsatz beachtet werden.

Tierhaltung

Ein generelles Verbot der Tierhaltung kann nur im Mietvertrag vereinbart werden. In der Hausordnung dürfen nur ausgestaltende Vorschriften enthalten sein.

Waschmaschine und Waschküche

Unwirksam ist eine Klausel, wonach der Mieter eine vorhandene Gemeinschaftswaschmaschine benutzen muss, da bei einer Waschmaschine in der Mietwohnung ein vertragsgemäßer Gebrauch vorliegt (AG Hameln, 23 C 380/93). Demgegenüber hat das Amtsgericht Siegen die Benutzung einer privaten Waschmaschine in der Waschküche verboten, da dort eine zentrale Waschanlage mit Münzeinwurf vorhanden war (5 C 160/98).

Verstöße gegen die Hausordnung

Handelt der Mieter einer wirksamen Hausordnung zuwider, so hat der Vermieter einen einklagbaren Anspruch auf Erfüllung bzw. Unterlassung. Bei schweren oder wiederholten Verstößen ist eine Abmahnung möglich, eine Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB nur bei äußerst schwerwiegenden Vertragsverletzungen. Es reicht z. B. nicht aus, das Treppenhaus nicht zu reinigen oder die Haustür nicht abzuschließen. Ein Schadensersatzanspruch entsteht nur bei schwerwiegenden schuldhaften Verletzungen.

Das Amtsgericht Wiesbaden hat einen Räumungsanspruch verneint, weil das vertragswidrige Verhalten lebenszyklisch bedingt war und nach der Kündigung beendet wurde. Dies bezog sich auf Streitereien einer pubertierenden Tochter mit ihren Eltern (98 C 458/94).

Treppenhaus ist Rettungsweg

Treppenraum und Hausflur dienen gemäß Bauordnung als baulich notwendiger Rettungsweg. Darüber hinaus sind sie Angriffswege für die Feuerwehr. Bei Bränden muss Rauch im Treppenhaus möglichst vermieden werden. Der Treppenraum sollte so lange wie möglich den Bewohnern zur Selbstrettung und der Feuerwehr für Lösch- und Rettungsmaßnahmen zur Verfügung stehen. Dementsprechend sind Treppenräume von sog. Brandlast freizuhalten. D. h. dass aufgrund des Brandschutzes keine Gegenstände in das Treppenhaus gehören, die brennen könnten. Dazu gehören Garderoben und Schuhe ebenso wie Kinderwagen.

Die Feuerwehr bat die Berliner MieterGemeinschaft bereits, „im Interesse der Mieter auf die Notwendigkeit der Brandlastfreiheit in Treppenräumen hinzuweisen. Das könnte im Brandfall Leben retten.“

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