MieterEcho 322/Juni 2007: Zum dritten Mal in Folge: Vermieter-Mietspiegel

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MieterEcho 322/Juni 2007

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Zum dritten Mal in Folge: Vermieter-Mietspiegel

Senatorin Junge-Reyer stellt Mietspiegel auf, der von den Mieterverbänden nicht anerkannt wird

Gerhard Eichmann

Zum dritten Mal in Folge haben die Berliner MieterGemeinschaft, der Berliner Mieterverein und der Mieterschutzbund Berlin dem neuen Mietspiegel die Anerkennung verweigert. Dabei hatte die rot-rote Koalitionsvereinbarung 2006 unsere Hoffnungen geschürt, dass eine linke Stadtregierung die Mieterinteressen stärker berücksichtigt. Ein ganzer Absatz dieser Vereinbarung war mit "Sozialverträgliche Mietenentwicklung" überschrieben, wobei der qualifizierte Mietspiegel* unserer Stadt einen Beitrag zur "Dämpfung der Mietpreisentwicklung" leisten und dieses Instrument im "Konsens zwischen Vermietern und Mietern weiterentwickelt" werden sollte.

Die mit einem * gekennzeichneten Begriffe werden in unserem Mietspiegel-Glossar erklärt.


Die Mietervertreter im Arbeitskreis Mietspiegel haben von Anfang an deutlich signalisiert, dass ein derartiger Konsens mit ihnen nur zu haben ist, wenn im neuen Mietspiegel in den einzelnen Feldern eine feste 2/3-Spanne der erhobenen Mietwerte als ortsüblich ausgewiesen wird. Dem sind die Vertreter der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung wie eine Art "vierte Vermieterfraktion" entgegengetreten. Und dies, wie sich für uns später herausstellte, mit Wissen und Wollen ihrer Dienstherrin. Auch der Mietspiegel 2007 weist wieder eine gleitende Spanne von 2/3 bis 4/5 der erhobenen Mietwerte aus.

4/5-Spanne ermöglicht höhere Mieten

Der dritte Vermieter-Mietspiegel in Folge eröffnet durch diese Spannenausweisung zusätzliche Mieterhöhungsspielräume bis zu 1,02 Euro/qm. Besonders betroffen davon sind Altbauten bis 1918 mit Vollausstattung* und einzelne Neubaufelder überwiegend in guter Wohnlage. Dies werden die "Heuschrecken", deren Einfluss auf die Mietenentwicklung in einzelnen Feldern deutlich sichtbar wird, in Zukunft für sich zu nutzen wissen.

Senat in einer Linie mit Vermieterverbänden

Dass die Vermieterverbände in Mietspiegelverhandlungen stets eine deutliche Steigerung der Mieteinnahmen für ihr Klientel erzielen wollen, versteht sich von selbst. Aber warum Senatsvertreter mit Hinweis auf höhere Mieten in München, Hamburg, Stuttgart und Düsseldorf die Aufholjagd der Berliner Mietpreise verschärfen wollen, erschließt sich erst, wenn man höhere Gewinnabführungen der städtischen Wohnungsbaugesellschaften an den Landeshaushalt oder den Marktwert von öffentlichen Wohnungsbeständen bei weiteren Wohnungsverkäufen in Betracht zieht. Dabei sitzt der Finanzsenator gar nicht am Verhandlungstisch.

Im Ergebnis stellt die Entscheidung der Stadtentwicklungssenatorin, auch im Berliner Mietspiegel 2007 mit der 4/5-Spanne eine größere Bandbreite ortsüblicher Mieten auszuweisen, eine massive Einkommensumverteilung in die Taschen der Vermieter dar.

Mieter/innen werden nun höhere Mieten aufbringen müssen, auch wenn ihre finanziellen Belastungsgrenzen bereits erreicht sind.

Außerdem werden als Resultat des neuen Mietspiegels 2007 wachsende Ausgaben den Landeshaushalt belasten, nämlich für Sozialhilfe, Grundsicherungsgeld, Wohngeld und ALG II. Aber das gehört überwiegend zum Ressort der Sozialsenatorin.

Mieter/innen müssen zahlen

Darüber hinaus fördert der neue Mietspiegel durch den weiteren Mietanstieg Entmischungsprozesse und hat dadurch negative Auswirkungen auf die Sozialstruktur in der Stadt.

Die Frage, wie lange sich Normalverdiener/innen noch Wohnungen in den traditionellen Altbaugebieten im Zentrum der Stadt leisten können, steht auf der Tagesordnung.

Arbeitskreis Mietspiegel

Den Arbeitskreis Mietspiegel gibt es seit 1987 in Berlin. In ihr erarbeiten Vertreter/innen der Senatsverwaltung, der Mieter- und Vermieterverbände, des Statistischen Landesamts, der Investitionsbank sowie ein Sachverständiger und ein Richter des Kammergerichts alle zwei Jahre den Mietspiegel. Grundsätzlich herrscht das Konsensprinzip. Im Arbeitskreis Mietspiegel wird ein geeignetes Forschungsinstitut ausgewählt, der Fragebogen für die Datenermittlung erstellt, die Wohnlageneinteilung vorgenommen und die Datenerhebung begleitet. Das Forschungsinstitut ermittelt die erhobenen Mietwerte sowie Sondermerkmale. Neben diesen harten empirischen Fakten werden die Spannenbildung und die Orientierungshilfe zur Spanneneinordnung verhandelt.


Diagramm Spannenbildung

Spannen im Mietspiegel

Die Bildung von Spannen ist ein Mittel zur Herausfilterung von Mieten, die nicht ortsüblich sind. Von den Mieterverbänden wird die 2/3-Spanne gefordert. Dabei wird von den erhobenen unteren und oberen Werten eines Mietspiegelfelds jeweils 1/6 der Werte abgeschnitten und nur 2/3 (66,6%) gelten als ortsüblich. In den meisten Mietspiegeln der Großstädte wird eine 2/3-Spanne abgebildet. Bei der 4/5-Spanne werden von den unteren und oberen Werten jeweils 1/10 der Werte entfernt, sodass 4/5 (80%) der erhobenen Mieten als ortsüblich gelten.

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