MieterEcho 319/Dezember 2006: Urteil: Laufzeit der einzelnen Mietstaffeln bei einer Staffelmietvereinbarung

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MieterEcho 319/Dezember 2006

Quadrat RECHT UND RECHTSPRECHUNG

Laufzeit der einzelnen Mietstaffeln bei einer Staffelmietvereinbarung

Eine Staffelmietvereinbarung ist unwirksam, wenn zwischen dem Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags und dem Beginn der ersten Staffel weniger als zwölf Monate liegen. Der Mieter kann die zu Unrecht gezahlten Teilbeträge vom Vermieter zurückverlangen.

Der Umstand, dass der Vermieter für diesen Zeitraum auf jegliche Mieterhöhung verzichtet hat, führt nicht dazu, dass der Rückzahlungsanspruch des Mieters gegen Treu und Glauben verstößt.

AG Lichtenberg, Urteil vom 27.09.2006 - 3 C 273/06 -

Die Vermieterin hatte die Mieterin auf Erstattung von Kosten für verschiedene Reparatur- und Reinigungsarbeiten verklagt. Diese Klage war wegen Unwirksamkeit der Kleinreparaturklausel abgewiesen worden (siehe voriges Urteil). In dem am 29.03.1999 geschlossenen Mietvertrag war zur Miethöhe vereinbart:

"Monatlich zu zahlende Miete unter Berücksichtigung des Fördervertrages gemäß ModInstRL 90 (§ 3 des Mietvertrages) Nettokaltmiete monatlich DM 517,02.

Die Nettokaltmiete ist für den nachstehend bezeichneten Zeitraum wie folgt festgelegt:

Die erhöhte Nettokaltmiete ist jeweils zum aufgeführten Termin fällig, ohne dass es eines Mieterhöhungsschreibens bedarf."

Die Mieterin hatte bis zur Klageerhebung durch die Vermieterin wegen der Kostenerstattung für Kleinreparaturen die vereinbarte Nettokaltmiete einschließlich der vereinbarten Staffelbeträge pünktlich bezahlt.

Nach der Prüfung des Mietvertrags im Zusammenhang mit der Forderung auf Kostenerstattung für durchgeführte Reparaturen und Reinigungsarbeiten hat der Rechtsanwalt der Mieterin auch die Staffelmietvereinbarung auf ihre Wirksamkeit geprüft und war zu der Auffassung gelangt, dass diese unwirksam sei. Im Ergebnis hat er die Vermieterin zunächst außergerichtlich aufgefordert, die im Verlauf des Mietverhältnisses überzahlte Miete zurückzuzahlen. Die Vermieterin weigerte sich.

Der Rechtsanwalt der Mieterin erhob deshalb Widerklage und verlangte den überzahlten Anteil zurück.

Das Amtsgericht hat der Widerklage der Mieterin stattgegeben und die Vermieterin verurteilt, die überzahlten Beträge zurückzuzahlen. Die Mieterin habe in dieser Höhe über die im Mietvertrag vereinbarte Anfangsmiete hinaus ohne Rechtsgrund Zahlungen an die Vermieterin geleistet. Die Vermieterin durfte die geleisteten Zahlungen insbesondere nicht wegen der Staffelvereinbarung im Mietvertrag behalten.

Der Inhalt der Staffelvereinbarung verstieß nach Ansicht des Amtsgerichts gegen die zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags zwingende Regelung des § 10 Abs. 2 MHG. Denn diese Vorschrift ließ eine Vereinbarung über künftige Mieten ausnahmsweise nur dann zu, wenn zwischen den jeweiligen Veränderungen des Mietzinses ein Zeitraum von mindestens zwölf Monaten liegt. Im vorliegenden Fall wurde der Mietvertrag (und damit die Ausgangsmiete) am 29.03.1999 vereinbart, sodass die erste Staffel bereits nach Ablauf von vier Monaten im August 1999 zu zahlen gewesen wäre. Der Verstoß auch nur einer Staffel gegen den Zeitraum von zwölf Monaten führe daher zur Unwirksamkeit der gesamten Vereinbarung. Die Vorschrift des § 10 Abs. 2 MHG stelle insoweit eine eng auszulegende Ausnahmeregelung dar, mit der Folge, dass darüber hinausgehende abweichende Vereinbarungen unwirksam seien.

Ohne Erfolg berief sich die Vermieterin darauf, dass die Mieterin durch jahrelanges vorbehaltloses Zahlen der Miete den jeweiligen Änderungen der Miethöhe konkludent zugestimmt habe. Zwar könne auch die Bestätigung eines Vertrags für sich genommen ein eigenes Rechtsgeschäft darstellen, dies erfordere jedoch einen entsprechenden Erklärungswillen des Mieters. Rein tatsächliche Handlungen - wie etwa die bloße Zahlung der Miete - würden für sich genommen nicht ausreichen. Das Amtsgericht gelangte zu der Feststellung, dass die Mieterin von einer wirksam vereinbarten Staffelmiete ausgegangen war und ihre Zahlungen daher in Erfüllung einer vermeintlich bindenden Vertragsvereinbarung erfolgten. Ohne Kenntnis von der Unwirksamkeit der Staffelmietvereinbarung könne die Mieterin zwangsläufig auch kein Erklärungsbewusstsein im Hinblick auf die Abänderung der Miethöhe gehabt haben.

Die Zahlungen der Mieterin konnten nach Ansicht des Amtsgerichts auch aus der Sicht eines möglichen Erklärungsempfängers als rechtsgeschäftliches Handeln (mit der Folge der Abänderung des Mietvertrags) ausgelegt werden. Da auch die Vermieterin als mögliche Empfängerin der Bestätigung von der Wirksamkeit der Staffelmietvereinbarung ausgegangen war, hatte sie keine Veranlassung, in dem Zahlungsverhalten der Mieterin etwas anderes als die Erfüllung einer vermeintlichen Verbindlichkeit zu sehen.

Die Vermieterin wurde auch nicht mit der Einwendung gehört, die Rückforderung der bereits gezahlten Mieten verstoße gegen die Grundsätze von Treu und Glauben. Das Amtsgericht wies insoweit darauf hin, dass die Voraussetzungen für die Verwirkung des Rückforderungsanspruchs von der Vermieterin nicht dargelegt wurden. Ein Anspruch können nur dann gemäß § 242 BGB als verwirkt angesehen werden, wenn sich der Schuldner (in diesem Fall die Vermieterin) wegen der Untätigkeit seines Gläubigers (in diesem Fall der Mieterin) über einen gewissen Zeitraum hin darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dass er nicht mehr in Anspruch genommen werde.

Einen solchen Vertrauenstatbestand hatte die Mieterin nach Ansicht des Amtsgerichts jedoch nicht geschaffen. Der bloße Zeitablauf (die Mieterin hatte ihre Ansprüche erst sieben Jahre nach Zahlung der ersten Staffel geltend gemacht) genüge insoweit nicht.

Der Umstand, dass die Vermieterin für den gesamten Zeitraum auf etwaige mögliche Mieterhöhungen gemäß § 2 MHG bzw. § 558 BGB verzichtet habe, sei nicht auf das (Zahlungs-) Verhalten der Mieterin zurückzuführen, sondern darauf, dass die Vermieterin, auf deren Veranlassung die Staffelmietvereinbarung in den Mietvertrag aufgenommen wurde, selbst von der Wirksamkeit der Staffelmietvereinbarung ausgegangen war.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Henrik Solf

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