Mieterecho - Zeitung der Berliner Mietergemeinschaft e.V.

Nr. 302   Januar 2004

Beulker intern

Eine ehemalige Sekretärin will dem Besitzer des Hausprojekts Rigaer Straße 94 die "weiße Weste" ausziehen

Peter Nowak

Suitbert Beulker hat in den letzten Monaten häufig mit der Polizei zu tun. Zur Vorgeschichte: Als Alleininhaber einer Baufirma hatte er in dem Stadtteil Friedrichshain mehrere Häuser gekauft, darunter die Rigaer Straße 94. Das Hinterhaus war im Juni 1990 besetzt worden. Die Bewohner/innen hatten schon im Januar 1991 den "Verein für Kultur und Kommunikation" (VVK) gegründet, mit dem die Wohnungsbaugesellschaft Friedrichshain (WBF) einen Rahmenmietvertrag abgeschlossen hatte.

Doch als im September 2000 Suitbert Beulker Besitzer des Hauses wurde, erkannte er diesen Rahmenvertrag nicht an. Seitdem hatte er die Hausbewohner/innen in einen mehrfach eskalierenden Kleinkrieg verwickelt (das MieterEcho berichtete mehrmals, zuletzt in Nr. 298). Auch Versuche von Politiker/innen des Bezirks und des Abgeordnetenhauses, Beulker am Runden Tisch zu einer gütlichen Einigung mit dem Hausprojekt zu bewegen, blieben erfolglos. Dafür ließ er mehrfach Polizei vor der Rigaer Straße 94 auffahren, um einzelne Wohnungen räumen zu lassen. Die wurden dann gleich von Bauarbeitern unbewohnbar gemacht. Bei dieser Gelegenheit hat Beulker immer wieder deutlich gemacht, dass er am liebsten das ganze Haus polizeilich räumen lassen wollte.

Doch jetzt könnte er mit der Polizei anders als ihm lieb ist Kontakt bekommen. Zu diesen Schlüssen könnte man kommen, wenn man hört, was Beulkers ehemalige Sekretärin Franziska Hobrecht (Name auf Wunsch durch den Autor geändert) berichtet. Sie leitete nicht nur drei Jahre lang, bis zum September 2003, Beulkers Schriftverkehr, sondern sie fungierte gleichzeitig als Verwalterin seiner Häuser. Als er gleich mehrere Monate lang mit dem Lohn in Verzug war, kam es zum Zerwürfnis. Hobrecht nahm daraufhin mit den Bewohner/innen der Rigaer Straße 94 Kontakt auf. Ihre erklärte Absicht war es, "dem Herrn Beulker die weiße Weste auszuziehen" und das gleich in mehrfacher Hinsicht.

So habe er seiner chronischen Geldknappheit immer wieder auf Kosten seiner Umgebung zumindest vorübergehend Abhilfe geschafft. 17 Beschäftigte seien entlassen worden, nachdem ihnen mehrere Monate kein Lohn gezahlt worden sei. Teilweise habe Beulker für sie noch Fördermittel vom Arbeitsamt weiterkassiert. Auch in eigener Sache soll er nicht zimperlich gewesen sein. So habe er selbst als Unternehmer zwischen Februar und September 2001 gar Arbeitslosengeld bezogen. Auch zahlreiche Gläubiger, meist Baufirmen, würden bis heute noch auf die Begleichung ihrer Rechnungen warten. Kurz vor dem Ausscheiden Frau Hobrechts im September 2003 sollen sich die Schulden auf 240.000 Euro angehäuft haben. So seien schon mal Werkzeuge von den betroffenen Firmen als Pfand einbehalten worden. Häufiger seien auf Initiative von Gläubigern Beulkers Konten gesperrt gewesen. Ein vernünftiges Arbeiten sei dadurch zunehmend unmöglich geworden. Hobrecht spricht gar von einer Konkursverschleppung seit mindestens eineinhalb Jahren.

Unter der mangelnden Zahlungsmoral Beulkers hätten auch seine Mieter aus dem Vorderhaus der Rigaer Straße 94 sowie der Rigaer Straße 95 und 96 zu leiden gehabt. So habe er seit dem Kauf des Hauses Rigaer Straße 94 die Kosten für Wasser und Müllabfuhr nicht beglichen. Auch anfallende Zinsleistungen für seine drei Häuser bei der kreditgebenden Bank Berlin Hyp habe Beulker ignoriert.

Der jahrelange Kleinkrieg Beulkers gegen die Bewohner/innen des Wohnprojekts Rigaer Straße 94 sind Frau Hobrecht natürlich nicht verborgen geblieben. Der Hausbesitzer habe häufiger erklärt, dass er "das Haus schon leer bekommen werde". Allerdings standen diesem Bestreben gültige Mietverträge entgegen, die Beulker aber konsequent ignorierte.

Nur für einige Wohnungen bekam er nach langer juristischer Auseinandersetzung Räumungstitel. Doch Beulker hatte immer neue Ideen, die Bewohner zu zermürben. So machte er im Beisein der Sekretärin einem Elektriker den "unkonventionellen Vorschlag", den Stromanschluss des Hinterhauses auf den Starkstrom des Baustellenstromanschlusses umzulegen. Doch der Elektriker lehnte dieses Ansinnen empört ab.

Zu Beulkers 'innovativen Ideen’ gegen die ungeliebten Hinterhausbewohner/innen gehörte auch ein Wachdienst, der ab Mai 2003 an der Haustür der Rigaer Straße 94 rund um die Uhr sämtliche Besucher kontrollierte. Alle Besucher/innen mussten ihren Ausweis, die Meldebescheinigung und den Mietvertrag vorweisen, um durchgelassen zu werden. Doch selbst dieser Coup ging nicht zu Beulkers Zufriedenheit aus. Der Tag und Nacht arbeitende Wachdienst verlangte vehement seinen Lohn. Im Gegensatz zu anderen Gläubigern allerdings gingen die Wachleute nicht den juristischen Weg, sondern tauchten häufig in Beulkers Wohn- und Geschäftsräumen auf - mit Erfolg. Nach Hobrechts Angaben musste Beulker seinen PKW verkaufen, um die ausstehenden Gelder für den Wachdienst aufzubringen. Der Wachdienst wurde danach auch bald abgezogen.

Auch privat soll Beulkers Zahlungsmoral zu wünschen übrig gelassen haben. So musste er in den letzten Jahren mehrmals seine Komfortwohnungen wechseln, weil er die Miete nicht zahlte. Der ständige Ortswechsel Beulkers wurde von der Berliner Polizei begleitet, die zu seinem Schutz abgestellt war. Denn Beulker fühlte sich von den Bewohner/innen der Rigaer Straße 94 bedroht, beantragte und bekam nicht nur einen Waffenschein, sondern auch Polizeischutz.

Ob ihm die Polizeipräsenz in Zukunft noch recht ist, wird sich bald zeigen. Schließlich seien nach Angaben von Frau Hobrecht mittlerweile auch die Behörden auf Beulkers unkonventionelle Geschäftsgebaren aufmerksam geworden. So suche das Arbeitsamt Wedding die an Beulkers Firma geflossenen Fördermittel für nicht mehr bei ihm beschäftigte Angestellte. Auch die Justiz müsste sich dafür interessieren. Schließlich hat Frau Hobrecht schon eine eidesstattliche Erklärung abgegeben, in denen sie alle gegenüber der Presse gemachten Aussagen bestätigte.