MieterEcho
Nr. 289 - Januar/Februar 2002

Die Genossenschaftsumfrage

 

1. Fortsetzung

Unsere Umfrage hat Interesse gefunden, das freut uns. Es freut uns weniger, dass die negativen Befunde bestätigt wurden. Die Wohnungsbaugenossenschaft Nord-Ost 77 z.B. soll tatsächlich noch teurer sein, als die ersten Reaktionen vermuten ließen. Weitere Informationen sind uns sehr willkommen.

Was uns gar nicht freut, ist das Missverständnis dem unsere Umfrage ausgesetzt ist. Wir haben es ja nun von Anfang an gesagt: unsere Umfrage ist nur eine Sammlung von Stichproben, eine Exploration oder wenn man so will, ein Meinungsbild, das von all denen, die sich daran beteiligt haben, zusammengestellt wurde. Das, und dazu haben wir aufgefordert, konnte man beeinflussen und verändern. Eine Arbeit, wie sie die Institute zur Anfertigung von Hochrechnungen bei Wahlen durchführen, können wir nicht leisten und wollen es auch gar nicht. Und das haben wir niemals verschwiegen. Man kann uns also nicht Unseriosität vorwerfen, nur weil man sich durch ablehnende Kommentare auf den Schlips getreten fühlt, wie das zweifellos bei mehreren Genossen der SelbstBau Mietergenossenschaft der Fall ist. Silvia Habekost tut das, kündigt die Mitgliedschaft und fährt fort: "Ich bin Mitglied der Mietergenossenschaft SelbstBau und bin ausgesprochen zufrieden damit. Für mich ist das Wohnen in einer Genossenschaftswohnung die optimale Wohnform in einer Großstadt. Das natürlich auch in einer Genossenschaft Schwierigkeiten bei der Verwaltung auftreten können, vor allem bei einer relativ jungen, kleinen und neuen Genossenschaft, will ich gar nicht unter den Teppich kehren. Hätte ich an der Umfrage teilgenommen, was ich aus Zeitgründen leider nicht getan habe, wäre meine Einschätzung auch nicht in allen Punkten positiv ausgefallen. Aber als Genossenschaftsmitglied habe ich wenigstens Einfluss auf die Entscheidungen, die getroffen werden. Wir könnten uns theoretisch auch als Hausgruppe entscheiden, die Verwaltung selber zu übernehmen. Aber wer will so etwas schon freiwillig machen? Das ist eine Dienstleistung für die ich auch gerne einen Mietanteil bezahle."

Nachdem uns Silva Habekost ermuntert, in Zukunft unsere Artikel besser zu recherchieren entlässt sie uns "mit freundlichen Grüßen": "Wenn Ihr wollt, schickt mir noch ein paar Fragebögen, die ich gerne verteile. Und ich bin mir sicher, dass es ein anderes Bild der Genossenschaft geben wird." Das haben wir getan, denn das ist ganz im Sinne unserer Befragung, und mehrere Antworten darunter folgende Kommentare sind eingegangen: "Ich wohne hier, weil es selbstbestimmter ist als auf dem ,freien' Markt. Wir haben das Haus in ,Baulicher Selbsthilfe' saniert, kennen uns dadurch sehr gut und konnten Einfluss nehmen auf die Gestaltung von Haus und Wohnung. Auch die Verantwortung gegenüber dem Haus ist dadurch größer." "Allein als Hausgruppe wollte uns keine Bank den Kredit zum Kauf des Hauses geben. Als einzige Möglichkeit, unser Selbsthilfeprojekt nicht ,platzen' zu lassen, blieb uns, in die Genossenschaft einzutreten.
Hier fühlte ich mich wohler als in jeder vorherigen Wohnung." Damit ist die SelbstBau auf jeden Fall in unserem Umfragekreis die Genossenschaft mit den engagiertesten und kommunikationsfreudigsten Mitgliedern. Das ist doch was.

Nicht sehr genossenschaftlich scheint sich die WBG Köpenick Nord e.G. zu verhalten. Anlässlich ihrer Modernisierungspraktiken erreichte uns der im Folgenden dokumentierte Bericht.

Genossenschaft = preiswert wohnen?
Peter Schneider

Im Gegensatz zu den privaten Vermietern, die aus ihrer Investition in Wohnraum möglichst viel Gewinn ziehen möchten, sollen Genossenschaften ihren Mitgliedern preiswertes Wohnen ermöglichen. Zu diesem Zweck wurden sie ursprünglich gegründet.
Damit auch bei den privaten Wohnungsbesitzern die Mietforderungen nicht in den Himmel wachsen, hat der Gesetzgeber den Mietspiegel vorgegeben. Anhand verschiedener Kriterien kann der Mieter überprüfen, ob sich eine Mietforderung im gesetzlich vorgegebenen Rahmen bewegt. Dieser Mietspiegel gilt natürlich auch für Genossenschaftswohnungen. In der letzten Zeit häufen sich die Fälle, bei denen mit verschiedenen Tricks und Methoden versucht wird, den Mietspiegel zu umgehen und höhere Mieten als vom Gesetzgeber vorgegeben zu kassieren. Dabei vergessen in einigen Genossenschaften deren Vorstände (und auch deren Aufsichtsräte) den Genossenschaftsgedanken und die eigene Satzung und mischen bei dem Mieterhöhungsspiel kräftig mit. Bei der Wohnungsbaugenossenschaft Köpenick Nord e.G. geht das zum Beispiel so:
Die Genossenschafter eines Wohnblocks erhalten vom Vorstand ein Schreiben, in dem ihnen eine Vereinbarung gemäß § 557a BGB (Zustimmung zu einer freiwilligen Mieterhöhung) angeboten wird.

  • Diese Vereinbarung beinhaltet einerseits die Ankündigung der WBG, verschiedene Sanierungsarbeiten durchzuführen (Fassadendämmung, Aufstellung von Fahrradständern usw.).
  • Weiterhin enthält die angebotene Vereinbarung eine über 3 Jahre gestaffelte Erhöhung der Nettokaltmiete.
  • Es wird garantiert, daß noch 21/2 Jahre nach der letzten gestaffelten Mieterhöhung gemäß Vereinbarung keine weitere Mieterhöhung erfolgt.
  • In einem Anschreiben wird um Zustimmung zu der Vereinbarung ersucht und gleichzeitig erklärt, dass das Vorhaben auf unbestimmte Zeit verschoben werden muss,
  • wenn einige Wohnungsnutzer ihre Zustimmung versagen sollten.
In den Unterlagen, die den Genossenschaftern zugesandt werden, kommt das Wort "Mietspiegel" nicht vor. Und das ist kein Zufall. Liegt die Miete doch schon nach dem ersten Erhöhungsschritt über der Obergrenze des Mietspiegels. Wohlgemerkt über dem Wert, den eine Wohnung mit allem nur denkbarem Komfort rechtfertigt. Davon sind die betroffenen Q3A-Blöcke trotz der bereits erfolgten Reparatur- und Modernisierungsmaßnahmen jedoch ein gutes Stück entfernt. Nach der letzten vereinbarten Erhöhung liegt der Mietpreis dann rund 22% über dem Mittelwert der ortsüblichen Vergleichsmiete. Die meisten (teils auch schon älteren) Genossenschafter verfügen nicht über einen Mietspiegel, können die sachlichen und rechtlichen Aspekte nicht prüfen und beurteilen und vertrauen auf die Redlichkeit des Vorstandes. Diese Unwissenheit wird hier ausgenutzt.
Die Angelegenheit hat noch einen anderen unangenehmen Effekt: Mit dieser die gesetzlichen Vorgaben umgehenden Mieterhöhung wird schleichend eine höhere ortsübliche Vergleichsmiete eingeführt. Mit anderen Worten: Hier werden Voraussetzungen geschaffen, mit denen auch von Mietern außerhalb der Genossenschaften höhere Mieten verlangt werden können.
Was soll man den Genossenschaftern, denen solch ein "großzügiges" Angebot unterbreitet wird, nun raten?
  • Bitten Sie den Vorstand der Genossenschaft, Ihnen die Modernisierungsmaßnahmen in der üblichen vorgeschriebenen Form anzubieten.
  • Prüfen Sie diese angekündigten Modernisierungsmaßnahmen und ziehen Sie dabei am besten eine kundige Person zu Rate.
  • Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen! Der Hinweis in dem oben beschriebenen "Angebot", dass bei Versagen der Zustimmung die Modernisierungsmaßnahme auf unbestimmte Zeit verschoben werden muss, soll Sie nur zum "Buhmann" machen, wenn Sie dieser nicht gerechtfertigten Mieterhöhung nicht zustimmen.
Was soll man dem Vorstand der Genossenschaft raten?
Sehen Sie sich doch einmal die Satzung an. Dort finden Sie auf der ersten Seite: "Der gemeinnützige Zweck der Genossenschaft ist vorrangig eine gute, sichere und sozial verantwortbare Wohnungsversorgung der Mitglieder der Genossenschaft." Für die Einhaltung dieser Grundsätze werden Sie bezahlt. Gemeinnützig oder sozial verantwortbar kann man die beschriebene Mieterhöhung wohl nicht nennen. Auch deshalb nicht, weil einige alleinstehende Mieter mit ihrer Rente ganz schön rechnen müssen.

Was soll man dem Aufsichtsrat der Genossenschaft raten?
Erinnern Sie sich daran, was das Wort "Aufsicht" bedeutet und kommen sie Ihrer Aufsichtspflicht nach. Oder halten Sie es etwa mit dem Genossenschaftsgedanken vereinbar und für sozial verantwortbar, dass Mieten oberhalb der gesetzlich festgelegten Obergrenze in einer Genossenschaft eingeführt werden?

Schaustelle Winterfeldtstraße 25

Im zähen Kampf der BewohnerInnen der Winterfeldtstraße 25 um ihre Mieterrechte haben die Besitzer und Immobilienmakler Mebes & Wullinger eine neue Variante ins Spiel gebracht. Nachdem "Kündigungsklagen und eine Flut von Prozessen - laut Mebes laufen derzeit 56 Prozesse und ein Duzend Strafanzeigen - nicht die gewollte Wirkung erzielten" (Berliner Zeitung vom 3.1.2002), sorgt nun Gerhard Buchholz als PR-Agent mit einer eigens dafür eingerichteten Homepage für positive Meldungen. Nach dem Motto, wenn wir auch Prozesse verlieren und wenn wir auch nicht verbieten können, dass die Gemeinschaft der Mieter via Internet über unsere dunklen Machenschaften berichten, und wenn uns letztlich die Presse im Stich lässt, dann basteln wir uns halt unsere eigenen Meldungen. Schnell ist eine Pressemitteilung gezaubert: "Kampfhund entpuppt sich als Ente". Sie steht ganz im Zeichen dieser Aufklärung. Demnach musste Mebes den Wachschutz beauftragen, da "95% der Mieter nur ihr Recht auf stressfreies Wohnnen verwirklichen" wollten. Verharmlosend wird darauf verwiesen, dass es bereits üblich sei, "zur Betreuung von Wohnanlagen und Privathäusern" auch Begleithunde einzusetzen. Und - das freundlicherweise von der Mieterinitiative als Beleg zur Verfügung gestellte Foto unterstreicht Mebes Aussage aufs Deutlichste - sagt jener Doktor: "Jeder, der sich ein wenig mit Tieren auskennt, sieht schnell, dass es sich hier keinesfalls um einen Kampfhund handelte. Ein Hund in Begleitung eines uniformierten Wachmanns steht doch für Sicherheit und nicht für Gefahr." Wer's glaubt, den möge es beruhigen, wer nicht, der nehme sich doch lieber vor jener ,Ente' in Acht.

In jedem Fall war die Mitteilung des Herrn Buchholz so überzeugend, dass die Mieterinitiative danach Einschaltquoten wie die Fernsehsendung "Wetten daß...." auf ihrer Homepage zu verbuchen hatte. Daher danken sie allen, die sich über www.w25.de gemeldet haben.

Es gilt auch im Jahr 2002

Gemeinsam im Internet gegen Mietervertreibung!

Öffentlichkeit ist der beste Schutz!

Weitere Information und Kontakte:
www.w25.de

 

Startseite | MieterEcho Archiv