MieterEcho
Nr. 288 - November/ Dezember 2001

Brunnenstraße 183

 

Während eines Räumungsversuchs musste der Möchtegernbaulöwe Günther Stach die Flucht ergreifen, da ihm sonst Auto und Brieftasche vom Gerichtsvollzieher gepfändet worden wären.

Seit 1995 besteht das Hausprojekt Brunnenstraße 183 in Berlin-Mitte. Seit dem letzten Sommer ist die Tübinger Firma Team 2 - Gesellschaft für Stadtentwicklung die neue Hauseigentümerin. Mit allen Mitteln - von Gewaltandrohungen bis hin zu verdeckten Räumungsversuchen - trachten sie nun danach, das Projekt zu zerstören. Klammheimlich versuchte Team 2 am Morgen des 10. Oktobers, sich mit Hilfe von Polizei, Bauamt und Schlüsseldienst Zugang in das Haus zu beschaffen, die Schlösser auszutauschen und damit die Bewohner auf die Straße zu setzen. Doch zum Glück wurden rechtzeitig die Eingänge versperrt und der Anwalt gerufen, der seinerseits den Gerichtsvollzieher alarmierte. Der Anwalt ist der Firma Team 2 seit langem wegen ihrer dubiosen Machenschaften auf den Fersen. Nichtbezahlte Entschädigungen und offene Rechnungen von Baufirmen sind möglicherweise nur die Spitze des Eisberges. Als der Gerichtsvollzieher zur Vollstreckung des Titels gegen Günter Stach auf dem Weg in die Brunnenstraße war, entschied sich Günter Stach spontan, die angekündigte Hausbegehung ausfallen zu lassen. Er brach alle Gespräche ab und verließ den Ort, um seine Armbanduhr (Auto, Brieftasche etc.) vor einer Pfändung zu schützen. Durch seine Flucht hinterließ er verdutzte Beamte, die allerdings dennoch auf einer Besichtigung der Treppenhäuser und des Dachbodens bestanden. Um die Situation zu entschärfen, gewährten ihnen die BewohnerInnen Einlass.

MieterInnen oder BesetzerInnen
Die Hauseigentümerin Team 2 hatte sich den MieterInnen weder vorgestellt noch über ihren Anwalt Kontakt aufgenommen. Die BewohnerInnen verweigerten den Zutritt zum Haus, da sie als BesetzerInnen bezeichnet wurden. Dabei wohnen die MieterInnen der Hausgruppe teilweise schon seit über acht Jahren in dem Haus. Ein über 80-jähriger Altmieter kann sogar darauf verweisen, dass er bereits seit 1934 in dem Haus lebt. Die vorherigen Hausverwaltungen (früher die Wohnungsbaugesellschaft Mitte und später die Alteigentümerin) hatten den Mietstatus akzeptiert. So zahlten die BewohnerInnen von Anfang an nachweislich regelmäßig eine angemessene Miete. Doch Günther Stach von Team 2 behauptet nun, es lägen keine Mietverhältnisse vor und bezeichnet die MieterInnen als "BesetzerInnen", deren Räumung er nun über eine Fülle von Anzeigen und Behördenanfragen zu erwirken versucht. Ein Filz zwischen dem neuen Eigentümer und verschiedenen Behörden scheint hier die Grundlage für das sowohl überstürzte als auch unangemessene polizeiliche und baubehördliche Vorgehen zu sein.
Doch wir BewohnerInnen der Brunnenstraße wollen uns das nicht gefallen lassen.
Team 2 ist in Berlin keinesfalls mehr unbekannt. Bereits etwa zehn weitere Häuser wurden in Berlin von der Gesellschaft aufgekauft und mit rabiaten Methoden entmietet, um die Häuser anschließend zu sanieren und in "lukrative Eigentumswohnungen" zu verwandeln. Die alten MieterInnen sind dabei in den meisten Fällen zu Opfern der mafiösen Praktiken von Team 2 geworden. So gelang es Team 2, das Haus in der Anklamer Straße 1 mit vertraglich zugesicherten Abfindungen zu entmieten. Doch die BewohnerInnen warten noch heute auf ihr Geld. Ihr Rechtsanwalt - der nun auch uns vertritt - hat einen Vollstreckungsbescheid gegen Team 2 erwirkt. Aber: die Gesellschaft ist praktisch pleite. Merkwürdigerweise kaufte Team 2 jedoch zeitgleich auf dubiose Weise das Haus Brunnenstraße 183.
In dem Glauben an eine schnelle Entmietung der Brunnenstraße 183 allerdings irrt sich Team 2. Wir MieterInnen der Brunnenstraße 183 haben uns mit anderen Betroffenen von Team 2-Käufen vernetzt, um unser Hausprojekt zu erhalten und den verbrecherischen Praktiken von Team 2 mit allen Mitteln entgegenzutreten.
Die Brunnenstraße 183 ist ein offenes Wohn- und Kunstprojekt mit Ateliers, Bandübungsräumen, öffentlichem Internetzugang, Food-Coop Initiative und beliebten kulinarischen, informativen und kulturellen Treffpunkten. Es sind daher alle UnterstützerInnen, Interessierte und Betroffene jeden Mittwochmorgen zum Frühstück in der Brunnenstraße 183 eingeladen. Ideen, kreative Aktionen und Informationen über Team 2 sind mehr als willkommen.
Weitere Informationen zur Brunnenstraße bekommen Sie unter Telefon
030-27594482 bei Jens. Fragen zur Anklamer Straße beantwortet gern Caroline v. Taysen unter Telefon
030-61621637.
Auf Anfrage lassen wir Ihnen gern eine kurze Geschichte des Hausprojekts Brunnenstraße 183 sowie eine Dokumentation über die Aktivitäten in der Brunnenstraße 183 zukommen.

 

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