MieterEcho
Nr. 287 - September/ Oktober 2001

Wohnungsbauförderung in Berlin

 

Von Barbara Oesterheld

Die Wohnungspolitik der Großen Koalition von CDU und SPD baute darauf, Investitionsanreize zu schaffen und die Bauwirtschaft und die Vermögensbildung zu fördern. Durch eine rein quantitative Erhöhung des Wohnungsangebots sollten die Probleme der Wohnungsversorgung behoben werden. Ob diese Angebote marktgerecht, am rechten Ort oder zu akzeptablen Mietkonditionen platziert wurden, spielte dagegen keine große Rolle. Wenn heute von 100.000 leerstehenden Wohnungen in Berlin berichtet wird, handelt es sich einerseits nicht um tatsächlich erhobene sondern geschätzte Zahlen und andererseits werden die Ursachen des Leerstand nur unzureichend analysiert. Die schlechte Haushaltslage half, diese Planungen zu verändern. Die Förderung von Neubauwohnungen ist auf ein Minimum zusammengestrichen: 100 Wohneinheiten pro Jahr sind keine nennenswerte Größe mehr. Nicht einmal notwendige Ergänzungen in Sanierungsgebieten oder gewünschte Sonderwohnprojekte können damit abgedeckt werden.

Den zweiten Strang bildete die sogenannte Vermögensbildung, die über die Eigenheimzulage (Bund) und Eigenheimförderung Land Berlin für besonders "einkommensschwache" Haushalte den Traum vom Eigenheim realisieren sollte. Die Förderung des Landes Berlin stellte an Exklusivität selbst die Geschenke an die ehemaligen "Bonner", die nach Berlin umsiedeln mussten in den Schatten. Während 3 Mrd. DM aus den städtischen Wohnungsunternehmen gezogen wurden, woran diese zum Teil bis heute leiden, verschwand das Geld nahtlos in der Eigenheimförderung. Dabei wurden Haushalte mit einem Jahreseinkommen bis zu 240.000 DM gefördert und es war offensichtlich, dass die angebliche Zielgruppe nicht wirklich erreicht wurde. Heftige Proteste über diese Art der Umverteilung in der Wohnungspolitik führten zunächst zur Absenkung des förderfähigen Einkommens, dann zur erheblichen Reduzierung der Anzahl der geförderten Eigenheime bis schließlich bei der ersten Haushaltssperre diesen Jahres der Titel endgültig auf Null reduziert wurde. Eigenheimförderung ist keine Aufgabe der staatlichen Wohnungspolitik. (Nachträglich wurde eine Übergangsregelung für die Antragsteller geschaffen, die schon erhebliche Verpflichtungen aufgrund der erwarteten Förderung eingegangen waren.)

Förderung der Hauseigentümer?

Eine weitere Widersprüchlichkeit bestand darin, dass die städtischen Wohnungsunternehmen eine Vielzahl Eigentumswohnungen im Umland bauten, obwohl das Land Berlin doch mit seiner Förderung gerade die Umlandabwanderung verhindern wollte. Ebenso problematisch war die massive und luxuriöse Eigenheimneubauförderung, während der Verkauf von Wohnungen der städtischen Gesellschaften als Eigentumswohnungen an die Mieterinnen und Mieter überhaupt nicht gefördert wurde. Das Land erhoffte sich gerade durch dieses Geschäft erhebliche Einnahmen.

Schon die ersten Umfragen in der Mieterschaft zeigten, dass durchschnittlich höchstens 6% der Haushalte überhaupt Interesse am Kauf ihrer eigenen Wohnung äußerten. Die Ernüchterung hätte also schon sehr früh einsetzen müssen. Stattdessen wurde die Eigentumsideologie weiterverfolgt. In den Ostbezirken erfolgte dies mit Hilfe von Zwischenerwerbermodellen, in den Westbezirken durch andere Privatisierungsfirmen. Die Bestandserwerbsförderung wurde kreiert und mit ihr wurde auch gleich die Richtlinie für die umfassende Instandsetzung und Modernisierung "Soziale Stadterneuerung" geändert und dabei auch die Umwandlung in Eigentumswohnungen zugelassen. (Siehe dazu auch nachfolgenden Beitrag, die Red.)

Der Erfolg ist "umwerfend": Die Anzahl der Mieterkäufe hat sich kaum erhöht, die Hauseigentümer lassen sich nun durch das Sozialplanverfahren die Häuser leerräumen, erhalten die Fördermittel, wandeln die Mietwohnungen in Eigentumswohnungen um und verkaufen die geförderten und modernisierten Eigentumswohnungen. Die Veränderung dieser Förderungsrichtlinie hat oberste Priorität. Auch innerhalb der SPD setzt sich langsam die Erkenntnis durch, dass bei knappen Kassen für die Förderung der "breiten Schichten der Bevölkerung" kein Geld mehr vorhanden ist. Staatliche Förderung muss sich konzentrieren auf die Aufgabe, diejenigen Haushalte mit Wohnraum zu versorgen, die sich selbst nicht am Markt versorgen können.

Eigentum durch Genossenschaftsanteile

Bei nüchterner Betrachtungen war eindeutig, dass bei der Einkommenssituation der Berliner Haushalte verbunden mit der Arbeitsplatzunsicherheit eine "Eigentumsoffensive" keine wirkliche Basis besaß. Kaufpreise ab 120.000 DM aufwärts für eine Wohnung waren für die meisten Haushalte unbezahlbar. Der Versuch, statt des Verkaufs an Investoren Genossenschaften zu gründen und zu fördern, war langwierig, führte aber schlussendlich zum Ziel. Genossenschaftsanteile sind die einzige realistische Form der "Eigentumsbildung", an der sich eine größere Zahl von MieterInnen beteiligen kann. Aber auch hier sind noch erhebliche Probleme zu bewältigen: die Wohnungen werden den MieterInnen nicht zu den gleichen Preisen angeboten wie Investoren; die MieterInnen, die ihre Häuser als Genossenschaft kaufen wollen, sollen Eigentumswohnungspreise zahlen oder man benutzt die heute vorhandene Genossenschaftsförderung gleich zur finanziellen Stabilisierung der städtischen Wohnungsunternehmen. Bei der jetzigen Eingrenzung der Förderung auf "eigentumsorientierte" Genossenschaften bleiben die "echten" Genossenschaften außen vor.

Es wird höchste Zeit, dass die Wohnungspolitik des Landes Berlin, mit sinnvollen Förderstrategien und notwendigen Instrumenten zur Schaffung und zum Erhalt bezahlbaren Wohnraumes, ihre eigentlichen Aufgaben erfüllt.

Barbara Oesterheld ist Mitglied des Abgeordnetenhauses und baupolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

 

Ausweg Wohneigentum?

Mit Wohneigentum verbinden viele Menschen einen Zugewinn persönlicher Sicherheiten, insbesondere der Altersvorsorge. Mit Wohneigentum kann man zumindest Mieterhöhungen entgehen und die Wohnung kann vom Besitzer nicht gekündigt werden, da man ja selber Eigentümer ist. Im Alter ist man versorgt, von der spärlichen Rente muss nicht noch Miete gezahlt werden, von der man heute noch nicht weiß, wie hoch sie dann sein wird. Außerdem ist man mit Wohneigentum frei von Vorschriften durch Vermieter.

Staatliche Eigentumsförderung, lukrative Kreditangebote von Banken und Kreditvermittlern und die Werbung der Immobilienbranche rücken den Traum des Wohneigentums in greifbare Nähe. Und dies nicht nur für Vermögende, sondern auch für Haushalte mittlerer und unterer Einkommensschichten. Der Schwerpunkt dieser Ausgabe des MieterEchos wird sich der Frage widmen, ob Wohneigentum diesem Anspruch tatsächlich gerecht wird.

In ihrem Beitrag "Wohnungsbauförderung in Berlin" stellt Barbara Oesterheld fest, dass bei der Einkommenssituation der Berliner Haushalte verbunden mit der Arbeitsplatzunsicherheit die "Eigentumsoffensive" mit ihren finanziellen Förderungen ins Leere läuft.

Die "Umwandlung im Sanierungsgebiet" hat schwerwiegende Konsequenzen für die soziale Struktur in Altbaugebieten der Ostberliner Innenstadt. Für Mieter und Mieterinnen entsteht durch zunehmende Umwandlungsmodernisierungen ein Verdrängungsdruck, den Andrej Holm in seinem Beitrag untersucht.

Eine kritische Bilanz zieht Julia Oppermann in ihrem Beitrag "Eigentum perdu". Der rasante Anstieg von Zwangsversteigerungen schafft auf der einen Seite einen "Schnäppchenmarkt", den spezialisierte Unternehmen, wie z.B. die in der Immobilienbeilage vorgestellte Fortissimo AG zu nutzen wissen, lässt aber auf der anderen Seite vor allem erahnen, dass der Traum von den "eigenen vier Wänden" immer häufiger in einem Alptraum endet. Eine Entwicklung, die auch die Neuköllner Schuldnerberatung "Arbeitskreis Neue Armut" bestätigt. Die Schuldnerberatung warnt vor "gefährlichen Finanzierungen" beim Immobilienkauf, mit denen Sie zunehmend konfrontiert sind. Der eindringliche Appell der Schuldnerberatung ist deshalb, eine "neutrale Beratung" in Anspruch zu nehmen, wie sie z.B. die Verbraucherberatung anbietet.

Die Entscheidung für das Wohneigentum entspringt dem Streben nach Sicherheit bzw. der Angst vor unkalkulierbaren Mieterhöhungen. Der Beitrag "Warum Eigentum?" fasst hierzu einige Thesen des Vorstandsmitglieds der Deutschen Pfandbriefbank Wiesbaden, Dr. Peter Lammerskitten zusammen. Bei genauerer Betrachtung und dem Vergleich mit dem Wohnen zur Miete, zeigt sich allerdings, dass letzeres keineswegs so unsicher ist.

Die Autorin Renate Berg stellt die Frage, ob man mit Wohneigentum "endlich alle Sorgen los?" sei und erläutert das umfangreiche Regelwerk, das die Eigentümergemeinschaften betrifft. Anhand einiger Beispiele werden hier mögliche Fallstricke der Eigentumswohnung aufgezeigt. Dass es aber nicht immer ein böses Erwachen in der Eigentumswohnung geben muss, zeigt das Interview mit Jules und Jim. "Eigentum ist Diebstahl" mögen die beiden vor zwanzig Jahre noch gedacht haben, als sie in der linken Szene in Berlin aktiv waren. Inzwischen sprechen ganz pragmatische Gründe für die Eigentumswohnung, wie Volker Eick in Erfahrung brachte.

 

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