MieterEcho
Nr. 270 - August/September 1998

Immobilienverwertungbeilage

Berichte der AG Umwandlung

Die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen hat mit dem Umwandler einen Berufsstand hervorgebracht, dessen Gewerbe zur Zeit boomt.

Der Prozes der Kapitalverwertung beginnt in der Regel mit einem Eigentümerwechsel.

Modernisierung, Dachgeschossausbau und schliesslich Umwandlung in Eigentumswohnungen sind das übliche Programm. Betroffene Mieter sollten also möglichst schon bei Eigentümerwechsel Kontakt mit der AG (Arbeitsgruppe) Umwandlung aufnehmen, weil von der AG organisierte Hausversammlungen mit Rechtsanwälten umso mehr Wirkung haben, je früher sie stattfinden.

Die AG Umwandlung ist jeden Mittwoch
im Haus der Demokratie, Friedrichstrasse 165,
10117 Berlin, zwischen 16 und 20 Uhr zu erreichen.
Telefon: 204 48 70.

Die heutigen Berichte der AG Umwandlung betreffen die Vorliebe, die der "Sozial"staat den Besserverdienenden gegenüber zeigt, damit sie Wohnungen erwerben können, die sie überhaupt nicht bewohnen wollen, sowie die Freuden, die über die Mieter kommen, wenn denn solcherart privatisierte Wohnungen modernisiert werden - jedenfalls, wenn dies durch die Jahn GmbH erfolgt.

 
Eigentum lohnt sich - für Besserverdienende!
 

Wer glaubt, Wohnen sei ein Grundbedürfnis der Menschen und es sei Aufgabe staatlicher Politik, die Befriedigung dieses Grundbedürfnisses zu sichern, sieht das Ganze ein wenig einseitig. Zwar ist das mit dem Grundbedürfnis Konsens, wie Politiker aller Couleur besonders in Wahlzeiten immer wieder versichern, aber mit der Befriedigung ist das so eine Sache. Primärer Zweck dieses Grundbedürfnisses ist nämlich nicht seine Befriedigung, sondern seine Funktion, Besserverdienenden den Weg zum Finanzamt zu ersparen. Was ja auch irgendwie sozial gedacht ist.

Das DIW (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung) drückt das aus der Wahrnehmung der Grund- bis mindestens Wohnungseigentümer etwas vornehmer aus: "Die gegenwärtigen steuerlichen Rahmenbedingungen machen es für einkommensstarke Privatanleger mit hoher (Grenz-)Steuerbelastung besonders attraktiv, in den Mietwohnungsbau zu investieren - weniger aus Interesse an langfristiger Vermietung, als vielmehr zur Minderung ihrer Steuerbelastung, mit der Option zur späteren (dann steuerunschädlichen) Umwandlung in Geldvermögen."

"Steuerunschädliche Umwandlung in Geldvermögen" ist eine, weis Gott, feinsinnige Umschreibung für Spekulationsgewinne aufgrund staatlichen Einnahmeverzichts, doch in der Sache nichts Neues.

Das weis auch das DIW: "So wurde die degressive AfA ('Absetzung für Abnutzung' - also Abschreibung. D.R.) für Wohnungsbauinvestitionen seit ihrer Einführung in den sechziger Jahren und insbesondere seit ihrer Erhöhung Ende der siebziger Jahre zum Motor des privaten Wohnungsbaus. Heute befinden sich etwa zwei Drittel aller Mietwohnungen im Besitz von privaten Haushalten oder Personengesellschaften/-gemeinschaften."

Vergleichsweise neu aber ist, das dem DIW für seine "Modellrechnung zur Rendite privater Investitionen im Mietwohnungsbau" nicht mehr der Wohnungsneubau dient, sondern die Investition in eine Gebrauchtimmobilie, sprich, der Erwerb einer (zuvor umgewandelten und) nun Anlagezwecken dienenden Eigentumswohnung.

Das DIW liegt damit voll im Trend politisch beabsichtigter Entwicklungen von der "Mieter- zur Eigentümerstadt" bzw. zur "Bürgerstadt" - und wie die Etiketten für postmoderne Stadtentwicklung alle heissen mögen.

Renditeberechnungen für Investitionen in Immobilien sind eine vertrackte Angelegenheit im Vergleich zu sonstigen Anlageformen, z.B. festverzinslichen Wertpapieren, Lebensversicherungen etc.

Das liegt in erster Linie daran, das sehr viele spekulative Komponenten in die Rechnung eingehen.

    So sind jeweils neben
  • Veränderungen der Kapitalbelastung (Zinsen und Tilgung) auch
  • Sachwertzuwächse, das heisst, am Anstieg der Baukosten orientierende Wertgewinne der Immobilie trotz abnutzungsbedingter technischer Wertminderungen, zu berücksichtigen, und, vor allem,
  • steigende Mieten in Rechnung zu stellen.

Im Idealfall geht die Immobilienspekulation glänzend auf, wenn die Zinsen sinken und Baukosten sowie Mieten kräftig steigen. Doch bei diesem - fast unmöglichen - Spagat hat sich schon manch ein Anleger die Beine ausgerenkt. Gute Voraussetzungen hat nur der, dessen Einkommen mit soliden Zuwächsen die Grundlage für optimale Steuerabschreibungen bietet. Denn die menschenfreundliche Erwartung steigender Baukosten und steigender Mieten genügt nicht, man mus auch noch in der Lage sein, die sozialstaatliche Neigung zu Steuerverzicht nutzen zu können. Das DIW sieht diese Fähigkeit bei einem Ehepaar mit jährlich zu versteuerndem Einkommen von DM 175.000,- als gegeben an. Hätten die beiden Besserverdienenden 1995, als noch 58% der Anschaffungskosten steuerlich abgeschrieben (AfA) werden konnten, in die 90 qm grosse, vermietete und DM 403.000,- teure Modellwohnung des DIW investiert, so wäre aus einem geringen Verlust in den ersten beiden Jahren bereits im dritten die angenommene Durchschnittsprofitrate von 7,4% und - stets steigend - nach neun Jahren der deutlich darüber liegende Ertrag von 11 % geworden. Auch bei einer Investition nach dem 1. Januar 1996, der eine Verkürzung der AfA auf

45 % brachte, flacht der Renditeverlauf nur unwesentlich ab. In all den Berechnungen (wir senden sie Interessierten auf Wunsch gern zu) spielen die Steuerabschreibungen eine entscheidende Rolle. Vor Steuern nämlich, d.h. unter den Voraussetzungen geringeren Einkommens, sagen wir einmal bei einem durchschnittlichen Mietereinkommen, hätte die Sache entschieden anders ausgesehen. Erst nach zehn Jahren wären aus Verlusten magere 4 % Gewinn geworden.

Viele von der Umwandlung betroffene Mieter erhalten plötzlich Kopien der Kaufverträge für ihre Wohnung, denen sie leicht den sozialen und wirtschaftlichen Stand der Käufer entnehmen können, ohne das sie die Käufer oder diese Personen je zuvor die Wohnungen gesehen hätten. Die ärzte etc. aus westdeutschen Kleinstädten brauchen die Wohnungen auch nicht zu besichtigen. Ihnen genügt die Kenntnis ihres eigenen Einkommens und ihrer Steuerbelastung als ausreichende Grundlage für die Kaufentscheidung. Was dieses hochspekulative Geschäft mit Eigentumsbildung oder gar mit Wohnungsversorgung zu tun hat, vermag sich nur aus der Weisheit der Politiker zu erklären, die zur Begründung ihrer Eigentumskampagne davon schwätzen.

Die Mieter in den verscherbelten Wohnungen dagegen bleiben auf ihren Binsenweisheiten sitzen. Nämlich: Das es vorteilhaft ist, viel zu verdienen, und das denen, die viel verdienen, noch mehr gegeben wird. Quod erat demonstrandum.

 
Modernisierung a la Jahn
 

Wenn die Hausverwaltung wechselt, ist immer erhöhte Aufmerksamkeit gefordert. Meistens leitet der Wechsel einen Immobilienverwertungsprozes ein, zu dem Modernisierung und Instandsetzung ebenso wie Dachgeschossausbau gehören und der seinen Abschlus erst in dem Verkauf der Miet- als Eigentumswohnungen findet.

Wenn der neue Hausverwalter die Jahn GmbH ist, dann wird dieser Verwertungsprozes zu einem Horrortrip für die Mieter. Was hier folgt, trifft auf alle bisher bekannten Jahn-Häuser zu, das Geschilderte könnte sich in der Bötzowstr. ebenso wie in der Fehrbelliner Str., Liselotte-Herrmann-Str., Hufelandstr. oder sonstwo abgespielt haben. Die Jahn GmbH ist allgegenwärtig und bleibt sich immer treu.

Bis diese Firma auftaucht, ist die Welt, will man grosszügig über fundamentale Mängel hinwegsehen, in den Häusern noch in Ordnung, jedenfalls hält sie sich schicklich in den Grenzen des üblichen.

Der Schauplatz ist irgendein Altbau, in nicht besonders gutem Zustand, die Wohnungen sind alle vermietet. Auf dem Hof spielen Kinder, im Sommer sind die Fenster weit geöffnet, Familienleben wird transparent.

Die Alteigentümer sind Alteigentümer wie viele andere auch, niemandem bekannt, zu Eigentum gekommen, wie zu himmlichem Manna, mit dem sie aber nichts anzufangen wissen. Folglich versilbern sie es. Fast schon idyllisch. Man könnte an Heinrich Zille denken. Doch die Wirklichkeit verlangt abrupt ihr Recht. Z.B. in Gestalt der Fa. Sigma GmbH aus München als Käufer und der Jahn GmbH als Verwalter. So jedenfalls erfahren es eines Tages die Mieter.

Vier Wochen später teilt man ihnen mit, das umfangreiche Veränderungen im Haus geplant seien. Es würde gebaut werden, heisst es schriftlich und/oder mündlich, und - wie das nun einmal so sei - Belastungen stünden ins Haus. Wo gehobelt wird, fallen Späne, und wo Jahn modernisiert, fallen Lärm und Dreck und Baumüll noch dazu an.

Was da aber so mieterbelastend gebaut werden würde, und welche Massnahmen die Mieter zu dulden bzw. nicht zu

dulden haben, kann allein schon deshalb nicht in Erfahrung gebracht werden, weil man seitens der Jahn GmbH so konkret nicht zu werden wünscht. Nach der Besichtigung durch einen Architekten flattert dann ein Fragebogen in die Wohnungen, der sich angelegentlich um die Wünsche der Mieter bemüht: Ob man ein Bad wolle, eine Zentralheizung und was dergleichen mieterhöhungsträchtige Wohnwertverbesserungen mehr sind. Weiter geschieht zunächst nichts, bis die Wohnungen vermessen werden.

Dann aber taucht er regelmässig selber auf, der Herr Andreas Jahn. Er ruft an. Er gibt sich erklärungsbereit. Man sei, verkündet er, schliesslich in einer Lage, die erfordere, das im Interesse aller Seiten kooperiert werde - und dergleichen Platitüden mehr.

Wer den Belastungen nicht standzuhalten vermöge, der könne gern kündigen, man würde auch - sozial, wie man sei - einiges zu den Umzugskosten beisteuern. Wer davon nicht zu überzeugen ist, dem stellt er sogar Entschädigungen in Aussicht. übrigens wird selten einmal tatsächlich eine gezahlt.

Von ordentlichen Modernisierungsankündigungen hält der Herr Jahn nicht viel. Danach gefragt, erklärt er freimütig, als Mieter könne man ja dagegen klagen, erhielte womöglich Recht, seine, die jahnsche, Methode, Probleme zu lösen, sei die viel erfolgreichere. Dieses Geplänkel wird flankiert durch die nervenreizenden Kontakte einer Akzeptanzspezialistin - oft ist es Frau Dipl.-Ing. Birgit Giese -, die sich permanent den Mietern im jahnschen Interesse in Erinnerung bringt.

Gleichzeitig werden Tatsachen geschaffen. Ein Baugerüst krallt sich in die Fassade, und Herr Jahn teilt mit: "Da die Einrüstung des Objekts mit erhöhten Gefahren verbunden ist (Einbruchsgefahr), bitten wir Sie, Ihre Versicherung entsprechend zu informieren. Bitte halten Sie - vor allem auch in den Nachtstunden - Ihre Fenster geschlossen, damit es zu kei-

nen unangenehmen Vorfällen kommt." Es lässt sich beobachten, das diese Mitteilungen vor allem auf alleinstehende ältere Mieter ihre beruhigende Wirkung nicht verfehlen. Derartige subtile Drohungen in Verbindung mit unbestimmten Versprechen lockern die Verankerung der Mieter in ihren Wohnungen. Immer häufiger werden die Mietwohnungsangebote in den Zeitungen aufgeschlagen, und der eine oder andere ergreift die sich bietende Gelegenheit, in eine andere, oft schlechtere, sehr oft auch teurere, auf jeden Fall aber jahnfreie Wohnung zu ziehen.

Kinder spielen nicht mehr auf dem Hof, dafür drehen sich monoton Betonmischmaschinen. Die Fenster sind geschlossen - nicht nur wegen des Lärms und des Drecks. In vielen Wohnungen findet kein Familienleben mehr statt. Bauarbeiter pfeifen dafür verbliebenen Mieterinnen hinterher, anzüglich und bedrohlich.

Wer jetzt noch standgehalten hat, dem kann passieren, das er plötzlich im Dunkeln steht. Elektrische Leitungen werden defekt. An den Wänden auftauchende Wasserflecken kommentiert die Verwaltung lakonisch, das "die Wände doch rauskommen".

Plötzlich übersteigt die Anzahl der zerschlitzten Reifen vor dem Haus den Durchschnitt der Umgebung erheblich.

In dieser Phase von Baustelle zu sprechen wäre untertrieben, Müllhalde bezeichnet den Zustand präziser.

überraschungen werden zum Dauerzustand, wie z.B der beabsichtigte Abris eines Schornsteins kurz vor Beginn der Heizperiode. Das Bedürfnis der Eigentümerin/der Verwaltung, die Wohnung zu besichtigen, steigt exorbitant. Fragen nach dem Grund wird entgegnet, man solle sich nicht so haben. Frauen sehen sich Beschimpfung ausgesetzt und der Andeutung, man wisse, wo sie sich nachts aufhalten.

Schliesslich, als kontrastierender Höhepunkt, werden Angebote gemacht: eine Ersatzwohnung und ein bezahlter Umzug. Wer sich nicht gleich entscheidet, bekommt sogar noch eine zweite Wohnung angeboten. Teurer als die alte, versteht sich.

Bei den ganz wenigen Hartnäckigen taucht dann, fast ein Jahr nach Beginn der inzwischen beinahe beendeten Inszenierung, eine Modernisierungskündigung auf. Die fordert den Mieter lapidar auf, alternativ anzukreuzen und dann zu unterschreiben: ICH STIMME ZU oder ICH ZIEHE AUS.

Wir fordern alle Mieter, die mit dieser Verwaltung Erfahrungen gemacht haben oder gerade machen, zu einem Treffen auf!

In solchem Falle hilft nur: Ab zur Mietrechtsberatung! Zusammenhalten! Und: Die AG Umwandlung informieren!

 
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