MieterEcho
Nr. 266 - Januar/Februar 1998

Milieuschutz und Mietobergrenzen für das Sanierungsgebiet Wollankstraße

Auf Einladung der Bezirksgruppen Pankow des Berliner Mietervereins und der Berliner MieterGemeinschaft e.V. diskutierten am 2. Dezember 1997 auf einem Bürgerforum im Rathaus Pankow Mieter, Mietervertretungen, Vermieter, Mitglieder der Bezirksverordnetenversammlung und des Bezirksamtes Pankow sowie der Topos-Stadtforschung Inhalt, Vor- und Nachteile sowie Stand der Erarbeitung einer Erhaltungsverordnung, auch Milieuschutzsatzung genannt, und der Festlegung von Mietobergrenzen für das Sanierungsgebiet Wollankstr. und für das Erweiterungsgebiet Süd im Pankower Zentrum.

Ca. 90 interessierte MieterInnen stellten Ihre Fragen an Herr Dr. Bossmann, Bezirksstadtrat für Bauen in Pankow, Herr Schmalor, Leiter der Sanierungsverwaltungsstelle im Bezirksamt, Herr Gude, Topos-Stadtforschung sowie Vertreter der Mieterorganisationen.

Die Erarbeitung und der Erlaß einer Erhaltungsverordnung und insbesondere die damit verbundene Festlegung der Mietobergrenzen beschäftigen die Verantwortlichen und Betroffenen im Bezirk bereits seit 1995 als ein entsprechender Beschluß gekoppelt an einen Auftrag an das Bezirksamt, in dieser Angelegenheit tätig zu werden, gefaßt wurde. Mit einer von Topos-Stadtforschung für das betroffene Gebiet erarbeiteten Studie liegen jetzt fundamentierte Erkenntnisse vor, die eine Erhaltungsverordnung einschließlich Mietobergrenzen begründen.

Soll die vorhandene soziale Struktur im Gebiet nicht durch die Folgen unbegrenzter Modernisierung zerstört werden, muß gehandelt werden. Nach dem Wegfall der Kappungsgrenzen für Modernisierungsumlagen ab 01.01.1998 und der im Mietspiegel ausgewiesenen hohen Werte für modernisierte Altbauwohnungen ist Gefahr im Verzuge. Sind doch schon jetzt die hohen Spannen im Mietspiegel ein Spiegelbild der vor Festlegung der Kappungsgrenzen 1995 unbegrenzten und unverhältnismäßigen Luxusmodernisierungen. Mietobergrenzen können die „Einstiegsmieten" nach Modernisierung dämpfen, verhindern können sie Mieterhöhungen nicht. In der Studie von Topos-Stadtforschung werden Mietobergrenzen in Höhe von 10,30 DM/m2 Wohnfläche bruttokalt für Wohnungen unter 40 m2, 9,30 DM/m2 für Wohnungen von 40 bis 60m2, 8,72 DM/m2 für Wohnungen von 60 bis 90 m2 und 8,10 DM/m2 für Wohnungen über 90 m2 empfohlen.

Es wurde deutlich gemacht, daß Mietobergrenzen nicht zwingend und nicht rechtlich einklagbar sind. Ihre Wirksamkeit hängt von der Mitwirkung der Mieterinnen und Mieter ab. Sie sind aufgefordert, bereits im Vorfeld von Modernisierungsmaßnahmen Kontakte mit den Mieterorganisationen und dem Bezirksamt zu suchen und die Modernisierungsankündigungen genau prüfen zu lassen. Nur so kann, auch wenn alle Baumaßnahmen auf der Grundlage einer Erhaltungsverordnung genehmigungspflichtig sind, durch die zuständigen Stellen wirksam gesichert werden, daß Mietobergrenzen auch eingehalten werden. Zur Unterstützung und Orientierung wurde den Teilnehmern des Bürgerforums eine Mieterinformation übergeben. So gelten Mietobergrenzen nur für Altbauten, für die Modernisierungen vorgesehen sind. Für bereits modernisierte Häuser und Neubauten einschließlich Dachausbauten sind sie nicht anwendbar. Doch auch der Widerstand gegen die Festlegung von Mietobergrenzen ist vorprogrammiert. Vertreter der Hausbesitzer und Investoren versuchen wieder zu beweisen, daß sich Modernisierungen bei Mietobergrenzen nicht mehr lohnen würden. Ehe die Verordnung durch die BVV entschieden werden kann, wird es noch ein langer Weg sein. Die MieterInnen werden also entschiedener den Erlaß einer solchen Ordnung einfordern müssen, anstatt vorrangig Einzelfragen zur Klärung zu stellen.

Im Ergebnis des Forums wurde mehrheitlich ein offener Brief an die Mitglieder der Bezirksverordnetenversammlung und des Bezirksamtes beschlossen, mit dem die Verabschiedung einer Erhaltungsverordnung einschließlich der Festlegung von Mietobergrenzen für dringend geboten und gefordert wurde.

Gerhard Scheibe, Bezirksgruppe Pankow

 
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