MieterEcho
Nr. 264 - September/Oktober

Verzicht auf Mietminderung als Solidarbeitrag?
(aus einem Leserbrief aus Köpenick)

(...) Als Geschäftstührer der KöWoGE ... spricht Dr. Thurmann gern und oft mit Stolz über seine "Freuden". Das dabei der Grund seiner Freuden oftmals mehr als fraglich ist, schert ihn dabei offensichtlich nicht. So verkündete er kürzlich auf einer Veranstaltung aus Anlaß der Fertigstellung der tausendsten modernisierten Wohnung mit sichtlicher Freude, daß auch Mieter der Wohnanlage "Kietzer Feld" auf das Rechtauf Mietminderung für die Zeit der sie belastenden banlichen Maßnahmen "verzichtet" haben. Das dieses "Lob" für nicht wenige Mieter einen bitteren Beigeschmack hat, beeinträchtigte seine Freude keineswegs(...).

Herrn Dr.Thurmann dürfte nicht unbekannt sein, daß vielfach Bürger in Unkenntnis der allgemeinen Rechtslage geltende Rechte nicht wahrnehmen, obwohl diese Gesetze mitunter dazu beitragen könnten, ihre Lebensumstände wesentlich zu verbessern. Diesen Tatbestand beklagen alle der Demokratie sich verpflichtet fühlenden Parteien, Organisationen, Persönlichkeiten und engagierten Bürger(...).

Mehr als nur fraglich sind die demagogischen Methoden, mit denen die Mieter zum "Verzicht auf geltendes Recht" animiert wurden. Da wird auf die " kostenintensiven Leistungen der KÖWOGE während der Bauzeit" für bedürftige Mieter verwiesen. Und aus Solidarität mit den "kranken und bedürftigen Mietern" werden die Mieter gebeten, auf die Mietminderung zu verzichten. Das hat Wirkung gezeigt. Wer möchte sich schon nachsagen lassen, unsolidarisch zu sein?

Nicht versäumt wird, die Mieter darauf aufwerksam zu machen, daß es der KÖWOGE gelungen ist, "trotz starker Kürzungen öffentlicher Gelder" für die Modernisierung von ca. 2600 Wohnungen Fördermittel zu erhalten. Und die Durchführung dieser "anspruchsvollen Ziele" sei auch "mit erheblicher Arbeit" verbunden. Folglich können nur uneinsichtige und undankbare Mieter das Recht der Mietminderung in Anspruch nehmen. Kein Mieter möchte aber mit diesem Makel behaftet sein!

Schließlich wird noch mit einem "für beide Seiten akzeptablen Ausgleich" für den "Verzicht auf Mietminderung" Stimmung gemacht. Wenn der (die) Mieter vom Mietminderungsrecht nicht Gebrauch macht (machen), wird die Vorwegumlage der Modernisierungsumlage drei Monate später geltend gemacht.

Nein, Herr Dr. Thurmann, Recht und Gesetz müssen praktiziert und eingehalten werden, unabhängig davon, ob es letztlich dem Mieter oder Vermieter nützt. Und die Rechtslage ist unstrittiger Weise so: Der Mieter hat nach § 537 BGB (bei Mängeln der Mietsache) das Recht auf Mietminderung und der Vermieter gemäB § 3 MHG (Miethöhegesetz) das Recht, 11 % der Modernisierungskosten jährlich auf die von der Maßnahme betroffenen Mieterhaushalte umzulegen.

So und nur so kann und muß ein "für beide Seiten akzeptabler Ausgleich" aussehen. Dann und nur dann haben die Mieter und Vermieter ein Recht zur Freude ohne jeglichen Beigeschmack.

Manfred Hennig, 12587 Berlin
(Sprecher des Mieterbeirates Albert-Schweitzer-Viertel)


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