MieterEcho
Nr. 264 - September/Oktober

Betriebskosten: Wer ist schlimmer als die WBM?

Eigentlich sollte die Berliner MieterGemeinschaft einen Wettbewerb ausschreiben: die goldene Mülltonne für die schlampigsten Betriebskostenabrechnungen der Stadt. Nach der Erfahrung der Mieterberatung in Mitte (Tucholskystraße) wäre die Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) Favorit. Im Sommer jedenfalls war die Beratungsstelle voll mit Ratsuchenden, denen teilweise mehrere Tausend Mark Nachzahlung in Rechnung gestellt worden waren. Die WBM macht es dabei recht einfach, zu widersprechen. Drei "Allgemeinfehler" dürften ausreichen, die Abrechnung zurückzuweisen.

Da ist zum einen der späte Termin der Zustellung: Viele Abrechnungen für das Jahr 1995 gingen erst im Frühjahr und Sommer 1997 zu. Nach Rechtssprechungen in Brandenburg ist das nicht zulässig: die Neubaumietenverordnung, nach der die Abrechnung innerhalb von 12 Monaten nach Ablauf der Abrechnungsperiode zu erfolgen hat, sei analog auch auf mietpreisgebundenen Wohnraum im Osten auszulegen. Jüngste Urteile des auch für die WBM zuständigen Amtsgerichtes Mitte gehen gleichfalls in diese Richtung. Da mit dem Mietenüberleitungsgesetz die Mietpreisbindung im Osten erst Mitte 1995 auslief, würde diese Rechtsansicht für die Betriebskostenabrechnungen 1995 zutreffen. Trotz langer Bearbeitungszeit sind die Abrechnungen aber kaum qualitativ gehaltvoll. In den Erläuterungen zu den einzelnen Positionen bleibt die WBM recht allgemein. Jeder bekommt den selben Standardtext, daß sich Steuer, Wasser, Müllabfuhr etc. ja leider so verteuert hätten. Die Mühe auf das Datum und den Bezugszeitraum der tatsächlichen Rechnungen hinzuweisen, macht sich die Wohnungsbaugesellschaft nicht. Mieter, denen es gelungen ist, nach langem Mühen Auskunft über die Rechnungen zu erlangen, berichten von geradezu haarsträubenden Dingen. Da werden Belastungen vergangener Abrechnungsperioden verrechnet, was absolut unzulässig ist. Da werden Rechnungen einbezogen, die nicht umlagefähig sind - wie etwa für einmalige Entrümpelung. All dies erfährt man aber erst nach langem Nachfragen. Zur Zeit beschäftigt sich das oberste Zivilgericht in Berlin, das Kammergericht, mit der Frage, welche Erläuterungen zwingend zu einer ordentlichen Betriebskostenabrechnung gehören müssen. Die WBM hat da wenig Chancen, mit ihren Allgemeinplätzen durchzukommen.

Vollends zur Verwirrung trägt die Übersicht über die Kostenentwicklung bei. Da werden die Betriebskosten mit denen des Vorjahres verglichen, wobei aber für 1994 entweder überall Null steht, oder ein Betrag angegeben wird, der nicht mit dem von 1995 vergleichbar ist. Denn 1994 hat die WBM die Betriebskosten grundstücksweise, 1995 aber für jeden Aufgang gesondert abgerechnet. Statt vergleichen zu können, werden die Mieter verwirrt. Gesetzlich gefordert ist aber die grundsätzliche Nachvollziehbarkeit der Betriebskostenabrechnung. Das scheint der WBM entgangen zu sein.

Gerüchten aus der WBM zufolge, plant die Gesellschaft die Übernahme der Wohnungsbaugesellschaft Friedrichshain und anschließend den Gang an die Börse ("W-Aktie"?). Große Pläne - aber wer soll Aktien von einer Wohnungsbaugesellschaft kaufen, die noch nicht einmal in der Lage ist, halbwegs ordentliche Betriebskostenabrechnungen zu erstellen? Die Mieter sicherlich nicht.

Christof Schaffelder


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