MieterEcho
Nr. 264 - September/Oktober

Totgesagte leben länger
oder außer Umbenennungen keine wirkliche Reform des sozialen Wohnungsbaus in Sicht!

Das Diktat der leeren Kassen bestimmt derzeit die Politik des Sozialwohnungsbaus in Bund und Ländern. Bauminister Töpfer in Bonn hat sein Wohnungsgesetzbuch mit Wohnungsrechtsanpassungsgesetz vorgelegt, was gleichbedeutend ist mit weiterem Rückzug aus finanzieller und politischer Verantwortung, und er »waigelt« sich beharrlich, das Wohngeld wie versprochen zu erhöhen. Zur gleichen Zeit wird in Berlin über den weiteren Subventionsabbau und die damit verbundenen Sozialmieterhöhungen sowie über die Frage diskutiert, inwieweit die Erhebung der Fehlbelegungsabgabe zur Verslumung führt.

Dabei fällt kaum einem der an diesen Diskussionen Beteiligten auf, daß die eigentliche Frage Berliner SozialmieterInnen, was an 15 DM Warmmiete pro Quadratmeter und Monat ob mit oder ohne Fehlbelegungsabgabe noch Sozial sein soll, unbeantwortet bleibt. Die Finanzsenatorin möchte hier noch 50 Pf, der Bausenator »nur« 30 Pf aufsatteln. Vor allem in den Großsiedlungen am Stadtrand laufen derweil, ob mit oder ohne Fehlbelegungsabgabe verschreckt, die Mieter weg, die die Miete noch aus eigener Tasche bezahlen.

Raider heißt jetzt Twix und die Fehlbelegungsabgabe morgen Förderausgleich. Die Kostenmiete für Bestandswohnungen soll abgeschafft werden; die zum Übergangsstichtag gezahlte Sozialmiete soll dann nach modifizierten Bestimmungen des MHG erhöht werden können. Damit erspart man sich künftig eine politische Beschlußfassung über Mieterhöhungen und die sich daraus ergebenden Diskussionen. Wenn den Mietern in Neufünfland das Miethöhegesetz recht ist, ist es den Sozialmietern billig. Für die Investoren bleibt es bei der Kostenmietgarantie für Bestandswohnungen, denn an dieser »heiligen Kuh« kann nicht »herumgetöpfert« werden. Die entsprechenden Verträge mit den Investoren laufen bis zum Ablauf der Sozialbindungen. Der Bund kürzt die Fördermittel für sozialen Wohnungsbau, dafür entwickelt er Definitionsmacht: Anstelle der Förderwege 1, 2, 3 - jetzt die Einigung zwischen Förderstelle und Investor zielgerichtet markt- und einkommensorientiert. Die Stellung der Kommune wird gestärkter, je stärker sie sich finanziell beteiligt, wobei der Bund nicht sagt, woher die Städte das Geld nehmen sollen. Daß die vereinbarte Förderung in Berlin heute schon den traditionellen Sozialwohnungsbau bei weitem übersteigt, ist Konsequenz des Finanzdesasters. Die Grünen titeln zu Recht »Gesetz zur Chaotisierung des Ausstiegs aus dem Sozialen Wohnungsbau«.

Derweil sind sich in Berlin die Ressorts Finanzen, Stadtentwicklung und Bau-Wohnen in einer Frage einig: Die Förderung von Eigentumswohnungen im Zentrum und von Eigenheimen am Stadtrand verhindert die Flucht von Steuerzahlern über die Stadtgrenzen. Ob die geplante Aussetzung der Fehlbelegungsabgabe den Sozialpalast, das Neue Kreuzberger Zentrum oder das Rollbergviertel wieder bunter mischt, darf bezweifelt werden.

Gerhard Eichmann


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