MieterEcho
Nr. 261 - März/April 97

Prenzlauer Berg: Schöner Hausen 150

Natürlich will Hauseigentümer Frank Blaschke keinen der Mieter aus dem schönen Gründerzeitgebäude in der Schönhauser Allee 150 in Prenzlauer Berg vertreiben. Im Gegenteil, sie könnten dort wohnen bleiben bis zum Jüngsten Tag. Zumindest sagt Blaschke das in der Öffentlichkeit. Er warte jetzt nur noch auf die Sanierungsgenehmigung, damit er endlich mit den Bauarbeiten beginnen könne. Schließlich habe er gerade 200.000 Mark für die Architekten bezahlt.

"Gemütliches Kennenlernen" des Vermieters

Da sollten die Mieter/innen sich doch eigentlich freuen, zumal das Haus im Sanierungsgebiet Teutoburger Platz liegt und somit selbst bei der geplanten Sanierung ohne öffentliche Mittel Mietobergrenzen gelten. Doch die Mieter/innen lernten Blaschke ganz anders kennen. Im September besuchte er die Bewohner/innen seines Hauses, zum gemütlichen Kennenlernen, wie Blaschke meint. Nur die bösen Mieter/innen haben das ganz anders in Erinnerung. "Er sagte, wir sollten uns einen WBS besorgen", berichtet eine Mieterin, "weil wir die Mieten nach der Sanierung eh nicht mehr bezahlen könnten." Außerdem habe er sie aufgefordert, bei einem erneuten Brand im Hinterhaus die Feuerwehr erst zu rufen, wenn alles abgebrannt wäre. Das sei das Beste, was ihm passieren könne.

Sanierung nach Brand...und trotzdem Leerstand

Bereits im April 1994 hatte es im Dach des Hinterhauses gebrannt. Die Mieter/innen mußten ausziehen. Die Wohnungsbaugesellschaft Prenzlauer Berg (WIP), die damals noch das Haus verwaltete, ließ das Dach und die obersten Wohnungen noch mit Versicherungsgeldern sanieren. Doch seither steht das Hinterhaus leer. Denn kurz nach der Sanierung wurde das Haus an die Alteigentümer rückübertragen, die es an die Soltwedel GmbH weiterverkauften. Während diese noch mit dem Bezirksamt über eine mit Landesmitteln geförderte Sanierung verhandelte, hatte sie das Haus schon wieder an den heutigen Eigentümer Blaschke weiterverkauft. Die verbliebenen Mieter des Vorderhauses erfuhren erst Monate später davon, als sie sich über die ausbleibende Hausreinigung beschwerten.

Forcierter Leerstand vor spekulativem Weiterverkauf?

Blaschke hatte, wiederum zumindest offiziell, konkrete Pläne: Ersatz des Hinterhauses durch einen Neubau und möglichst viel lukrative Gewerbeflächen, Überbauung des Hofes für einen Supermarkt und eine Gaststätte. Ganz annoncierte er das Haus Ende September zum Verkauf. Das kam den Mieter/innen verdächtig bekannt vor. Sie vermuten Spekulation auf ein lukrativ zu verkaufendes, weil leerstehendes Haus oder - wie in anderen Blaschke-Häusern - die Umwandlung in Eigentumswohnungen. So begrüßten sie auch die Kurzzeitbesetzung des Hinterhauses Ende Januar im Anschluß an einen vom Kiezladen Dunckerstraße organisierten Anti-Leerstandsspaziergang.

Bezirksamt vertraut auf Sanierung

Doch im Bezirksamt hält man den nach Blaschkes Drängen nun auch im Vorderhaus zunehmenden Leerstand nicht für bedenklich. Die Wohnungen im Hinterhaus seien trotz der Sanierung nach dem Brand im derzeitigen Zustand nicht vermietbar, meint die grüne Baustadträtin Dorothee Dubrau. Außerdem habe Blaschke Ende September einen Antrag auf Sanierungsgenehmigung gestellt. Der sei zwar weder vollständig noch genehmigungsfähig, aber immerhin handele es sich seither nicht mehr um illegalen Leerstand. Schließlich habe sie sich mit Blaschke im Januar auf ein Sanierungskonzept geeinigt. Das Hinterhaus soll stehenbleiben, der schmale Hof darf überbaut werden, Gewerbe wird nur im Erdgeschoß genehmigt, aber keine Kneipe. In einem "zeitnahen Raum" könne die Sanierung nun genehmigt werden, betonte Dubrau nach der Besetzung.

Sanierung ohne Sanierungspläne?

Doch dafür müßte Blaschke erstmal seine Sanierungspläne nachreichen, die bisher noch nirgendwo vorliegen. "Telefonpolitik" nennen das die Leute vom Kiezladen und fordern die sofortige Androhung von Zwangsgeldern wegen illegalen Leerstands. Die könnte Blaschke abwenden, wenn er unverzüglich seine Pläne nachreicht. Doch Dubrau wollte Blaschke noch bis Ende Februar Zeit lassen, denn eine Vermietung der Wohnungen im derzeitigem Zustand liege nicht im Interesse des Bezirks, da viele Wohnungen nur Fenster zum engen und dunklen ersten Hof haben. Nach der Sanierung soll jede Wohnung mindestens ein Zimmer mit Fenstern zum großen zweiten Hof haben.

Wann und ob es aber überhaupt zu dieser Sanierung kommen wird, bleibt fraglich. Zwar will die Baustadträtin, nachdem das Haus nun in die öffentliche Diskussion gekommen ist, das Wohnungsamt wieder auf den Leerstand ansetzen, wenn Blaschke weiterhin seinen Antrag nicht komplettiert. Doch die rechtlichen Chancen, eine Wiedervermietung durchzusetzen, seien gering. Blaschke könnte klagen oder einen neuen Sanierungsantrag stellen oder das Haus weiterverkaufen. Dann würde das Gerangel um die Zukunft des Hauses von vorne losgehen.

Gereon Asmuth

 
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