MieterEcho
Nr. 261 - März/April 97

Leserbrief: Stichwort - »Tapezierfertig bei Auszug«

Jeder, der einmal umgezogen ist, weiß, daß man dabei keine unnötigen Belastungen gebrauchen kann. Viele Mietverträge verpflichten den ausziehenden Mieter, die Wohnung in frisch tapeziertem Zustand zu übergeben. Da man sich meist schon längere Zeit vor einem Umzug mit diesem Gedanken trägt und darum nicht mehr viel in seiner alten Wohnung verändert, wird bei Auszug meist eine Neutapezierung nötig.

Eben dabei entsteht eine Schildbürgerarbeit. Denn man geht in den nächsten Baumarkt, kauft die billigste Tapete und bringt diese an die Wände, und zwar ohne besondere Liebe zum Detail, wie man wohl annehmen kann.

Der Nachmieter kann nun so wohnen, oder wie wohl üblicher, andere Tapeten seines Geschmacks anbringen. So wäre also eine Tapezierung umsonst. Dies verursacht nicht nur unnötige Mühe für jeden Ausziehenden, sondern auch Materialkosten.

Und da man ja heute alles »ganzheitlich« sehen soll, kann man auch mal nach den ebenfalls unnötig entstehenden Umweltbelastungen fragen. Der Nachmieter erhält so eine weitere Schicht Tapete, was nicht gerade die Qualität des Untergrundes für seine Tapeten erhöht, denn es entstehen oftmals bei mehreren Schichten Hohlstellen.

Ist eine andere Regelung für alle Beteiligten sinnvoller?

Wohnungen könnten tapezierfähig übergeben werden. Der Vormieter entfernt alle alten Tapeten von den Wänden, braucht aber nicht zu tapezieren. Er spart so Kosten und Mühe. Der Nachmieter bekommt saubere Wände, auf die er seine Tapeten als erste Schicht aufbringen kann. Er muß seine alte Wohnung ebenfalls nicht mit Billigtapete verunstalten. Beide Mieter sparen so eine Tapezierung! Und der Vermieter hat die Gewißheit, daß nicht Schicht auf Schicht Tapete irgendwann Brettstärke erreicht.

Warum sollten Wohnungsbaugesellschaften oder private Vermieter diese Argumente nicht einmal prüfen? Da ihnen kein Nachteil entsteht, könnten sie sich kundenfreundlich verhalten. Oder lassen sich so die Wohnungen schwerer oder nicht so leicht mit Mieterhöhungen neuvermieten? Dann könnten Mietervereine, -verbände, -gemeinschaften solches für ihre Klientel vertreten.

Also, liebe Betroffene, fragen Sie doch mal bei Ihrem Vermieter nach oder holen sich Hilfe. Das Stichwort »tapezierfertig« als mögliche Grundlage sollte natürlich weiter anderweitige Absprachen zwischen Vor- und Nachmieter ermöglichen. Vielleicht muß im Einzelfall die Tapete nicht entfernt werden, weil sie dem Nachmieter gefällt?

Die derzeitige Praxis treibt vielerlei Blüten. Von im Schnell-Schnell-Verfahren übertapezierten Wänden oder simplen Überstreichungen bis hin zu finanziellen Beteiligungen des Vormieters an den Tapezier- und Materialkosten des Nachmieters. Es entstehen oft Meinungsverschiedenheiten, weil der Zustand von Tapeten etc. verschieden interpretiert werden kann.

Was ist mit anderen Schönheitsreparaturen?

Die Erfahrung zeigt, daß z.B. Streicharbeiten an Fenstern, Türen und Heizkörpern ebenfalls im Hau-Ruck-Verfahren ausgeführt werden. An ihnen hat der neue Mieter oftmals nicht sehr lange Freude. Solche Anstriche halten nicht lange, weil die Flächen vorher nur flüchtig gereinigt und aufgearbeitet werden, die billigsten Farben verwendet wurden oder sogar ungeeignete. In dieser Art hinterläßt man seinem Nachmieter die Wohnung und zieht selbst in eine ähnlich schlechte Qualität ein. Alle haben davon Nachteile.

Ist es wirklich sinnvoll, daß jeder seine alte Wohnung renoviert, quasi die des Nachmieters? Entspricht es nicht eher dem menschlichen Naturell, daß man die eigene neue Wohnung mit Engagement und (diesmal) mit Liebe zum Detail herrichtet? Die Vermieter können ja die Ausführung von Renovierungsarbeiten im Vertrag mit dem neuen Mieter verbindlich fordern, damit sie sicher sein können, daß sie auch ausgeführt werden. Am Schluß sei noch mal an das Hauptargument erinnert: Jeder Mieter spart eine Renovierung!

U. Streuzek, Märkisches Viertel

 
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