MieterEcho
Nr. 261 - März/April 97

Stadterneuerung: Ein Wechsel tut not

Die soziale Stadterneuerung soll dieses Jahr wie bisher weitergefördert werden. Doch die Zahl preiswerter Wohnungen wird weiter sinken.

"Es ist vorgesehen, die Förderung von Stadterneuerung, Modernisierung und Instandsetzung im Programmjahr 1997 im wesentlichen nach den aus dem Programmjahr 1996 bekannten Konditionen abzuwickeln", erklärte die Bausenatsverwaltung im Februar. Und da muß man sich fast schon freuen. Denn es hätte wesentlich schlimmer kommen können, wenn der Bausenat auch nur Teile des Entwurfs für eine zukünftige Förderpolitik von der Investitionsbank Berlin (IBB) übernommen hätte. Nach den Vorstellungen der IBB wären vor allem die sozialen Elemente der behutsamen Stadterneuerung gekappt worden. So sollte etwa die bisher im Förderungsfall notwendige Zustimmung der Mieter/innen zur Modernisierung ihres Hauses, sowie die Mietpreisbindung nach Sanierung abgeschafft werden (siehe MieterEcho 259/96). Es war befürchtet worden, daß die IBB mit ihren überzogenen Vorstellungen nur den bösen Buben spielen sollte, um die Kritik auf sich zu ziehen. Wenn die politisch Verantwortlichen im Senat dann nur Teile des IBB-Papiers übernommen hätten, wäre dies mit Sicherheit als sozial abgefederter Kompromiß gefeiert worden.

Nun denn, diese Vorschläge sind zumindest fürs Erste vom Tisch. Doch der Teufel steckt wie immer im Detail. So werden die Eigenanteile der Eigentümer weiter hochgefahren. Zudem droht eine Verlängerung der Bauzeiten. War es bisher möglich, mit dem Bau in der Regel schon nach dem Antrag auf Sanierung zu beginnen, ohne den Anspruch auf Fördermittel zu verlieren, gilt zukünftig der Grundsatz, daß "bauliche Maßnahmen, die bereits vor der Bewilligung begonnen wurden, nicht gefördert werden". Auch soll zukünftig die Sanierungsförderung eines Hauses nicht mehr nur einem Haushaltsjahr zugeordnet werden, sondern "in mehreren Bewilligungsjahren berücksichtigt werden". Dafür soll die Sanierung in Baubabschnitte unterteilt werden. Hierin steckt nicht nur die Gefahr einer Bauverzögerung in den einzelnen Häusern, denn gleichzeitig werden so die weiter schrumpfenden Fördertöpfe der folgenden Jahre durch bereits laufende Projekte blockiert. So kommen immer weniger neue Projekte in die Förderung. Für dieses Jahr ist eine erneute Kürzung der Altbausanierung von 527 Millionen (1996) auf nur noch 444 Millionen Mark (1997) geplant. Schon jetzt schiebt das Land Berlin nach Berechnungen der PDS einen Berg von etwa 50 Milliarden Mark vor sich her. In dieser Höhe hat sich das Land Berlin verpflichtet, in den nächsten Jahren noch Gelder in bereits laufende oder schon abgeschlossene Projekte des sozialen Wohnungsbaus zu stecken. So wurden zwar die vergangenen Haushaltsjahre entlastet, zukünftig wird aber kaum noch Geld vorhanden sein, um weiteren Wohnungsbau zu finanzieren. Schon jetzt müssen über zwei Drittel der Gesamtausgaben für diese Altverpflichtungen ausgegeben werden.

So ist es kein Wunder, wenn die Opposition eine inhaltliche Umstrukturierung der Wohnungsbauförderung verlangt. Ginge es nach Barbara Oesterheld, der baupolitischen Sprecherin der Grünen, müßten beispielsweise in der Altbausanierung soziale Kriterien gestärkt werden. Bisher gelte, daß wer einen Antrag geschickt genug formuliert, dann auch die Förderung bekommt. "Die Förderungsstelle entscheidet nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Mittel über die Förderanträge grundsätzlich in Reihenfolge des Eingangs der vollständigen Antragsunterlagen durch Bewilligungsbescheid", lautet der entsprechende Passus im Beamtendeutsch. Das benachteilige, so Oesterheld, nicht nur Einzelhausbesitzer, die sich mit den Paragraphen des Förderdschungels weniger gut auskennen als professionelle Immobilienfirmen. Auch werde der soziale Stand der Bewohnerschaft in den zu sanierenden Häusern überhaupt nicht berücksichtigt. Gerade im Ostteil Berlins hält Oesterheld eine gezielte Steuerung der Fördermittel an Häuser mit sozial schwacher Bewohnerschaft für möglich und nötig. Zudem könnten Fördermittel eingespart werden, wenn auf eine komplette Modernisierung der Altbauten verzichtet würde. Die Sanierungskosten sollten sich Oesterhelds Meinung nach an den von den Bewohner/innen tragbaren Mieten orientieren und nicht am Verwertungsinteresse der Eigentümer. So könnte etwa, wenn die Mieter/innen das wünschen, auf den Einbau von modernen Heizungsanlagen oder Bädern verzichtet werden. Das würde zwar zu sogenannten Unterstandardwohnungen führen, käme aber bedeutend billiger für die Mieter/innen.

Vor allem wegen der stagnierenden Einwohnerzahlen gäbe es derzeit in Berlin keinen Mangel an Wohnraum, sondern ein wachsendes Defizit an bezahlbaren Wohnungen, stellt auch die PDS in ihren Thesen zur Wohnungsbauförderung fest. Zudem wird die Zahl der sozialgebundenen Wohnungen noch drastisch reduziert. Im Westen läuft ein Großteil der Sozialbindungen in den kommenden Jahren aus, im Osten sind sie bisher kaum vorhanden. Hier wird der Bestand an billigen Wohnungen durch Modernisierung und Zweckentfremdung weiter zurückgehen. Die PDS fordert daher einen Ausstieg aus der in den letzten Jahren forcierten und kostensteigernden Kreditfinanzierung des Wohnungsbaus. Auch gehörten die Wohnungen eher in kommunale oder genossenschaftliche Trägerschaft, statt in private, gewinnorientierte Hände. Sowohl PDS als auch Grüne diskutieren daher über die Einrichtung eines gemeinnützigen und bewohnerorientierten Wohnungsbaufonds.

Doch die große Koalition im Senat setzt weiter auf die Förderung der im sogenannten 2. Förderweg erstellten Neubauwohnungen mit hohen Einstiegsmieten und auf die Förderung von Wohneigentum. Beides entsteht zudem vorwiegend in Stadtrandgebieten, was zusätzlich Kosten für die infrastrukturelle Erschließung bedeutet.

Mieter/innen werden es in der immer noch klassischen Mieterstadt Berlin in Zukunft schwer haben, günstigen Wohnraum zu finden. Aber wie meinte Günter Fuderholz vom Bausenat auf dem letzten Stadtforum so schön: "Für die sozial Schwachen haben wir Plattenbauten genug."

Gereon Asmuth

 
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