Nr. 257 Juni/Juli/August 96

Das ”Beste” aus der Vermieterpraxis:
”Schlagkräftiger” Hausbesitzer verletzte Mieter/innen - Gerichsturteil: 150 Tagessätze zu je 100.-DM

Als ”Aki” stellte er sich 1991 bei seinem Einzug in das Wohnhaus Raumerstraße 33 freundlich vor, und behauptete von sich, er sei der neue Verwalter des Gebäudes. Als solcher fluselt er durch alle Wohnungen, kündigt phantastische Modernisierungsvorhaben eines neuen Eigentümers an, der aber anonym bleiben will, fordert die Mieter/innen des obersten Stockwerks auf, auszuziehen, da dort Etagenwohnungen mit Dachgarten geplant seien. Kurz, er erzählt jedem vieles und auch immer wieder anders, nur eins tut er nicht, eine Vollmacht vorlegen für sein Tun, die vom neuen Eigentümer für ihn ausgestellt sein müßte.
 
Haus-Mißverwalter ...
Dafür beginnt er, die Bewohner/innen zu tyrannisieren und zu bedrohen: Er sammelt Haus- und Bodentürschlüssel ein, läßt die Haustür offenstehen, macht den Boden durch neue Schlösser für die Mieter/innen unzugänglich, verspricht die Refinanzierung von Instandsetzungsarbeiten, bezahlt aber nie, und er versucht immer wieder, Bewohner/innen zum Auszug zu bewegen. Als diese die Miete nicht mehr auf das von ”Aki” angegebene Konto überweisen, da er nach wie vor keine Vollmacht vorlegt, kündigt ”Aki” im Sommer 1992 15 Mietparteien fristlos unter Angabe verschiedenster erfundener Vorwände.
 
... entpuppt sich als der verkappte Hauskäufer ...
Mit diesen Kündigungen aber taucht plötzlich ein Schriftstück auf, daß einen Herrn Stavros Dimopoulos als Hausbesitzer angibt. Die Zurückweisung der Kündigung durch die Mieter/innen führt zu einem lautstarken Auftritt, in dessen Verlauf ”Aki” einem Mieter zunächst die Tür eintritt, dann einen Kaufvertrag für das Haus vorweist und sich schließlich den verblüfften Bewohner/innen als Stavros Dimopoulos, neuer Eigentümer des Hauses, ”outet”. Aus den heftigen Wortwechseln mit dem zum Hauseigentümer mutierten Verwalter ”Aki” alias Stavros D. bleiben den Bewohner/innen solche Äußerungen von ihm im Gedächtnis haften wie: ”Hier wohnen Asoziale, Penner, total kaputte Menschen, die ein sozialistischer Staat versaut hat”; ”Alles meine Wohnungen, alles meins! Ziehen sie endlich aus...”; ”Wir ziehen das hier durch, aber ganz auf die Gewaltige!”
 
... und ”zieht gewaltig” gegen die Mieter/innen durch
Ja, er zieht durch: Er verweigert die Reparatur der Gasleitungen und läßt die Bewohner/innen monatelang ohne Koch- und Heizmöglichkeit, rechnet die Betriebskosten nicht ab und bezahlt zugleich nicht die Rechnungen der Wasserwerke, so daß Wasserabsperrung droht. Er dringt in Wohnungen ein und läßt Wohnungsschlüssel von der Polizei beschlagnahmen, obwohl Mietverträge für diese Wohnungen bestehen. Er greift eine Untermieterin tätlich an und wirft ihre Sachen aus dem Fenster, schlägt einen Mieter, der ihm im Treppenhaus begegnet usw. usf. Vermieter ohne Wohnsitz Dabei machte er sich über Jahre unerreichbar, juristisch gesehen, indem er weder Namensschild an der Wohnung noch einen Briefkasten im Haus hatte und sich sogar polizeilich abmeldete ohne Angabe einer neuen Adresse. Dadurch war er lange Zeit weder für das Gericht erreichbar (wegen der gegen ihn laufenden Klagen von Mieter/innen), noch konnte das Bezirksamt ihm Post zustellen lassen wegen des Leerstands von 13 Wohnungen.
 
Wohnungsleerstand
Denn inzwischen hatte eine ganze Reihe von Mieter/innen die Segel vor dem unberechenbaren, terrorisierenden Vermieter gestrichen. Die von ihnen verlassenen Wohnungen blieben aber leer, worauf sich das Bezirksamt veranlaßt sah, ein Zwangsgeld in Höhe von 65.000.-DM zu verhängen. Aber eingetrieben wurde das Geld nicht: Plötzlich hingen Gardinen an den Fenstern und Namensschilder an den Türen der weiterhin unbewohnten Wohnungen. Dem Wohnungsamt legte ”Aki” auch noch Mietverträge vor - und legte damit das Bezirksamt formaljuristisch lahm im Vorgehen gegen ihn.
 
Verurteilung wegen Körperverletzung
Nicht lahm legen konnte er dagegen das Gericht, vor dem er wegen zweifacher vorsätzlicher Körperverletzung angeklagt war. Nicht, daß er es nicht versucht hätte: Drei Frauen bot er auf, und dazu noch seine Eltern, die alle zu bezeugen hatten, er habe nie und nimmer geschlagen. Vor allem die Aussagen der drei Frauen waren von einer solchen Gleichförmigkeit, daß das Gericht keinen Grund sah, ihretwegen an den Angaben der Opfer von ”Aki” zu zweifeln. Ebensowenig zweifelte das Gericht die Vorstrafe des angeklagten Vermieters an - er hatte sie ebenfalls wegen Körperverletzung bekommen. Und so erging vom Landgericht Berlin am 17.5.96 das schon eingangs genannte Urteil(*): Es erlegte Stavros D. 150 Tagessätze zu je 100.-DM auf. Die Hauptprobleme aber - die Mieterterrorisierung und -vertreibung und der ungesetzliche, wenn auch getarnte Leerstand in der Raumerstraße 33 - sind weiterhin ungelöst.
 
ME
(*: AZ Ds 40/95 132 Pls 2625/94)

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